Essays by Dieter Kermas – (Part 16)
.Lebensmittelmarken kontrollieren Essensrationen
Das Thema Lebensmittelversorgung begleitete auch unseren Alltag. Es gab zwar Lebensmittelkarten, die je nach der körperlicher Tätigkeit, einen bestimmten Kaloriensatz enthielten. So erhielt der Schwerarbeiter weit mehr als der Büroangestellte. Das war gerecht, aber konnte einen knurrenden Magen auch nicht sättigen.
So waren wir angewiesen auf die zusätzlichen Lebensmittel, mit denen die Patienten ihre Behandlung bezahlten. Die Reparatur eines durchgebrochenen Gebisses brachte ein gutes Stück Speck ein, oder ein plombierter Zahn, ein Päckchen Butter. Noch in Erinnerung sind mir die mitgebrachten Lebensmittel eines » Frolleins «, das mit einem Amerikaner befreundet war. Die einmal mitgebrachte Nudelsuppe mit Fleisch und gleichzeitig mit Rosinen konnte uns nicht begeistern, aber um so mehr das Milchpulver, die Cadbury-Schokolade und unvergesslich das Eispulver. Aus dem Eispulver machten die Amis Vanilleeis, aber ich aß es löffelweise mit größtem Vergnügen. Manchmal brachte sie auch Büchsen mit Trockenkartoffeln, Trockenmöhren, Kartoffelpulver (POM) und Büchsenwurst mit. Nach beendeter Behandlung versiegte diese Zusatzversorgung.
Eine weitere Quelle war Frau Telker, eine polnische Patientin, die uns, aus dem unter russischer Verwaltung stehenden Ostsektor, Fleisch und Fett mitbrachte. Das kam aber nicht regelmäßig, sodass Mutter oft die von Hausfrau zu Hausfrau weitergegebenen Notrezepte ausprobieren musste. An Rührei aus Trocken-eipulver, Marmelade aus Kürbis und an Rübenmelasse erinnere ich mich noch genau.
Eines Tages ging Mutter einkaufen. Unseren Zwergspitz Peggy hatte sie in die Einkaufstasche gesetzt, um schneller zum Kaufmann zu kommen. Als es dann daran ging, die Lebensmittelabschnitte von den Lebensmittelkarten abzutrennen, gab es eine böse Überraschung. Unser kleiner Hund hatte sich die Zeit damit vertrieben, die Lebensmittelmarken zu zerkauen, und teilweise aufzufressen. Nur weil er unser aller Liebling war, hat er diesen Tag überlebt, denke ich.
Der Schwarzmarkt
Wir hätte unsere Versorgung auch mit Tauschgeschäften auf dem Schwarzen Markt verbessern können, aber das hatte Vater rundweg verboten. Ein ausgedehnter Schwarzmarkt war ganz in unserer Nähe, in der Fregestraße, Wilhelm-Hauff-Straße bis zum Bahnhof Friedenau. Wir Bengel trieben uns gerne dort herum, weil wir es spannend fanden, was da so alles klammheimlich angeboten wurde. Nur wenn der Ruf » Razzia!« sich blitzschnell fortpflanzte, stoben wir in alle Richtungen auseinander.
Manchmal jedoch hatte die Polizei das Gebiet weiträumig abgeriegelt, und untersuchten gründlich die Schwarzhändler und Kaufinteressenten. Bei wem sich ein Tatverdacht erhärtet hatte, musste einen Lastwagen besteigen und wurde abtransportiert. Erwischte man uns, so drohten die Polizisten, zu unseren Eltern zu kommen. Dann verlegten wir uns prompt aufs Jammern und konnten stets das Weite suchen. Vater, als starker Raucher, hatte oft große Not sich Zigaretten oder Tabak zu besorgen. An seine teuren Lieblingszigarren, die er vor dem Krieg stets geraucht hatte, dachte er sicher nur mit Wehmut.
Tabak im Eigenanbau
Wie viele andere Berliner auch, hatten wir uns einen Minigarten auf dem Hinterhof angelegt. Hier standen dann ein paar Tomatenpflanzen und eine Reihe Tabakpflanzen traut nebeneinander. Abgesehen davon, dass die Tomaten kurz vor der Ernte bereits in der Nacht davor geklaut wurden, waren wir mit der Tabakernte sehr zufrieden. Die Blätter wurden auf Schnüre gezogen und hingen dann malerisch im Labor von Wand zu Wand wie eine Blätterwaldkulisse im Theater. Nach dem Trocknen wurden sie mit einer Schneidemaschine in feine Streifen geschnitten, in Büchsen gefüllt, dann noch mit dem Saft von ein-geweichten Trockenpflaumen beträufelt und mit frischen Kartoffelscheiben belegt.
So reifte der Tabak Marke »Siedlerstolz« heran. Die ersten Versuche ihn in der Pfeife zu rauchen gelangen vorzüglich. Keine Fliege, keine Mücke und keine Wespe überlebte den Flug durch die Qualmwolke. Es stank bestialisch und unsere Augen tränten augenblicklich. Nur Vater demonstrierte Tapferkeit und rauchte den Knaster zu Ende.
Das konnte ich nicht mit ansehen und machte das nach, was die anderen Jungen auch machten. Ich lief den Jeeps und anderen Fahrzeugen der Amis nach und lauerte darauf, dass sie einen »Kippen« hinauswarfen. Die Kippen sammelte ich in einer kleinen Blechschachtel. Die Ausbeute war recht gut, da es sich die Soldaten angewöhnt hatten, die Zigaretten nur bis auf ein Drittel aufzurauchen. Zu Hause wurde das Papier von den Stummeln entfernt, der Tabak neu gemischt, eventuell mit eigenem Tabak gestreckt und mit Zigarettenpapier in der Zigarettenmaschine zu neuen Zigaretten gerollt.
(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag) . Photo Credit: AKG – “Für Angestellte gab es 1949 eine Tagesration von 40 Gramm Fleisch ” (Planet Wissen)———————————————————————————————————————————————

Wir sangen das Kippenstecher Lied “Kippenklau Kippenklau kanst du mir bis uebermorgen eine Hand voll Kippen borgen—” Mit Ami Zigaretten oder Livesaver candies konten wir uns Lebensmittel besorgen, wen wir die Waesche von den Amis waschen konten.
Wir haben alle Schwaere Zeiten durch gemacht – – –