Essays by Dieter Kermas – (Part 7 )
.Seltsame Bohnen und Ein Schreckerregendes Spielzeug
Eines Tages hörte Mutter am Nachmittag zufällig, dass nicht weit entfernt von uns, gleich hinter der Lusdorfer Straße, ein Lebensmittelvorratslager der Wehrmacht geplündert wurde. Das Depot wäre bereits in der vergangenen Nacht aufgebrochen worden und es sei fast alles ausgeräumt. Da es im Ort an einigen Lebensmitteln bereits ein wenig mangelte, konnte es nicht schaden, dort noch einmal nachzusehen, dachte sich Mutter, und wir liefen los.
Es war, soweit ich mich erinnere, ein graues, sicher aus Beton errichtetes, bunkerähnliches kleines Gebäude. Hinter der Türöffnung kamen wir in einen großen, stockdunklen Raum. Nur das Licht, das durch die Türöffnung fiel, erhellte schwach einen kleinen Teil des Depots. Nachdem wir uns an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannten wir einige Personen, die noch nach Lebensmittelresten suchten. In den Ecken lagen noch lose Mehlhaufen, auf dem Boden trat man auf Bohnen und auch Zucker knirschte unter den Sohlen. Da waren nurmehr kümmerliche Reste, die nach der nächtlichen Plünderung übrig geblieben waren. In einem Nebenraum standen jedoch noch ein oder zwei aufgeschlitzte Säcke, die ich entdeckt hatte und Mutter zeigte. Anfangs wusste sie auch nicht, was der Inhalt war. Er sah so wie weiße Bohnen aus, nur dass diese, Mutter hatte einige mit zur Türöffnung genommen, hellgrün waren. » Ich weiß jetzt, was das ist «, sagte sie zu mir, » es ist Kaffee, der noch nicht geröstet ist.« Das war mir auch egal, zumal ich einer Kostprobe keinen Geschmack abgewinnen konnte.
Während Mutter die mitgebrachte Einkaufstasche mit grünen Kaffeebohnen füllte, war ich schon wieder auf Erkundungstour. Ich stöberte weiter durch die dämmrigen kleineren Räume, fand nur noch eine Dose mit einem Holzstiel daran, und nahm sie als einzige Beute mit. Ich muss wohl recht lange herumgesucht haben, denn Mutter war bereits weg. Sicher hatte sie angenommen, dass ich vor ihr nach Hause gegangen war. So schlenderte ich mit meinem neuen Spielzeug langsam Richtung heimwärts. Unterwegs rappelte ich mit der Dose am Stiel die Lattenzäune entlang und kam nicht viel später zu Hause an.
Kaum war ich jedoch in der Wohnstube erschienen, rief mir mein Vater laut und befehlend zu: » Leg das sofort vorsichtig hin! « und zeigte auf mein neues Spielzeug. Da Vater mich noch nie so laut angefahren hatte, fiel mir das Ding aus der Hand und plumpste auf die Dielen. So flink, wie ich selten gesehen hatte, schnappte sich Vater meine Beute, rannte aus dem Zimmer und kam nach einer Weile langsam und etwas müde aussehend zurück. Ich verstand die Welt nicht mehr und beinahe hätte ich angefangen zu heulen. Er bemerkte meinen kleinen Schock und erklärte mir, dass dies eine Stielhandgranate war, die uns alle hätte zerreißen können, wenn sie explodiert wäre. Nun kann man nicht verlangen, dass ein Dreikäsehoch die gesamte Tragweite dieser Angelegenheit erfassen konnte. So nickte ich verständnisvoll und trollte mich aus dem Zimmer.
(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)
Photo Credit : Bundesarchiv, Bild_183-0822-520, Photographer Krueger, Erich O. , Berlin, Kinder_spielen_in_Trümmern
—————————————————————————————————————–

Bin in Berlin aufgewachsen, und lebe in der San Francisco Bay Area..
Bin ein” Produkt” vom WWII, und habe auch verschiedene Erinnerungen !
Wuerde gern erfahren wo andere Berliner aufgewachsen sind. Ich wohnte in Zehlendorf, Schlachtensee, und Mariendorf..