.
Kunstverstand
(Ein Gedicht von Dieter Kermas)
.
Die Reklametrommeln dröhnen,
der Kunstliebhaber denkt „ famos“.
Vorfreude lässt ihn jetzt schon stöhnen:
„Hoffentlich geht es bald los“.
Vor ´m Haus der Kunst wartet die Schlange.
Sie steht geduldig bis zum Schluss
und wartet gern und auch recht lange
auf den kommenden Genuss.
Endlich geht es auf das Tor,
sie strömen in die heil´ gen Hallen.
Wie´s Paradies kommt´s ihnen vor,
nur flüsternd hört man Worte fallen.
Ah, hier das Bild mit wirren Kreisen,
das ist gekonnt, das sagt was aus.
Der Künstler will etwas beweisen,
doch ganz wird man nicht schlau daraus.
Oh, hier die alte, rost`ge Tonne,
mit roter Farbe vollgeschmiert.
Sie sehen´ s mit der größten Wonne,
dass es unsereins geniert.
Im nächsten Raum, auf einer Bank
steh´ n drei Dosen, einfach so.
Sie sind leer, auch nicht mehr blank,
die Menge stoppt erwartungsfroh.
Nun hebt an ein leises Raunen.
Wo steckt hier der tief ´re Sinn ?
Immer stärker wird das Staunen,
viel Geheimes liegt dort drin.
Ein wahrer Kenner flüstert hohl:
„Die Lösung ist nun nicht mehr weit,
Sardinenbüchsen als Symbol,
der Fisch, das ist die Christenheit“.
Jetzt beginnt ein heft´ges Deuten,
sie reden sich die Köpfe heiß.
Auch hier ist´s wie bei andren Leuten,
man fantasiert, weil man nichts weiß.
Drei Dosen Fisch, das ist nicht schwer,
die Lösung ist nun schnell gefunden.
„Die ´Heilige Dreifaltigkeit´, ja seht doch her“,
behauptet einer unumwunden.
Das ist es, wie genial gedacht,
der Künstler ist schon ein Genie.
Wie einfach hat er das erdacht,
darauf gekommen wär´n wir nie!
Ein Maler, recht bekleckst gewandet,
bahnt sich den Weg durch all die Schauer,
und als er an der Bank gelandet,
erklärt er´s, und nun sind sie schlauer.
„Tja, noch bis vor gut zwei Stunden
mussten wir hier Wände streichen“,
sagt der Mann ganz unumwunden,
„um dann den Besuchern schnell zu weichen.“
„Zum Frühstück gab es Ölsardinen“,
spricht er, und räumt die Dosen fort.
Entgeistert schauen nun die Mienen
und niemand wagt ein weit´res Wort.
Verwirrt zerstreut sich nun die Menge,
und mancher eitle Kunstbanause
verspürt im Kopf die geist´ge Enge
und bleibt ab nun verschämt zu Hause.
©Dieter Kermas
Image: Pixabay.com
———————————————————————————————————————–—
Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.
Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas” to: californiagermans@gmail.com
————————————————————————————————————————–
.
Love that poem,and so true, to many pretantious people