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Dieter Kermas

Wieder Zuhause in Berlin – (Dt. Zeitgeschichte)

October 13, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Fluchtdok.2

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Essays by Dieter Kermas  –  (Part 12)
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Ankunft In Berlin

Der Weg bis Berlin erschien den Eltern unermesslich weit zu sein. Wir kamen nun noch langsamer voran als vorher. Nach weiteren Tagen, Vater hatte sich soweit erholt, dass wir die Schubkarre stehen lassen konnten, erreichten wir am 23. Juli 1945 die Vororte von Berlin.

Endlich, so kurz vor dem Ziel, war uns das Glück gewogen, und wir wurden mit einem Pferdefuhrwerk bis nach Schöneberg, genauer gesagt, bis zum Innsbrucker Platz mitgenommen. Die letzten paar hundert Meter waren für uns fast schwerer zu ertragen, als die ganze Flucht. Stand unser Haus noch, oder war es den Bomben zum Opfer gefallen? Diese Frage bewegte die Eltern von diesem Moment an.

Langsam gingen wir auf der anderen Straßenseite in Richtung Hauptstraße 73. Von Weitem sahen wir mit Schrecken auf unserer Straßenseite Ruinen und Schuttberge. Erst als wir uns der Sponholzstraße näherten, sahen wir, dass es das große Eckhaus an der Hähnelstraße war, was dort in Trümmern lag. Auf der Seite von unserem Haus sahen wir ebenfalls eine Lücke, die sich beim Näherkommen aber, gottlob, nicht als unser Haus herausstellte. Die Lücke war drei Häuser weiter.

Russische Kommandostelle

Als wir unsere Wohnung betreten hatten, die Wohnungstür stand weit offen, weinten die Eltern vor Freude. Wir waren fast neun Wochen vom Sudetenland bis Berlin, bis auf eine oder zwei kurze Fahrgelegenheiten, gelaufen. Am nächsten Morgen sahen wir uns unsere Wohnung und die Einrichtung, beziehungsweise was davon noch vorhanden war, an.

Den schweren Behandlungsstuhl hatte man bereits bis in das Wartezimmer geschleppt. Im Herrenzimmer fehlten die Sessel und der Tisch und die Stehlampe. Der sehr große Smyrnateppich vom Herrenzimmer lag zusammengefaltet, fertig zum Abtransport in einer Ecke. Im Esszimmer hing eine Militär-Landkarte der Roten Armee an der Wand. In unserer Wohnung hatten die Russen einige Tage eine kleine Kommandostelle eingerichtet, wie uns später die Hausbewohner erzählten. An den Unterkanten der Tischplatte hatte man wohl die Hände vom Schmalzfleisch abgestreift, denn eine dicke Fettkruste lief um den ganzen Tisch.  Im Patienten–WC steckte die Zeitung » Der Völkische Beobachter « im überfüllten Becken.

“Hausrussen”

Mutter lief erst einmal nach unten, um zu sehen, wer noch da war. Sie traf als ersten Max Schneider vor seinem leeren Bettenladen. Er sah Mutter ganz entgeistert an und stotterte dann: » Wir haben alle nicht mehr damit gerechnet, dass die Familie Kermas wiederkommen würde.«  Ach, so lief also der Hase, dachte Mutter. Jetzt konnten wir uns auch ausrechnen, wo die anderen verschwundenen Sachen zu finden waren.

Am nächsten Tag kam der Nachbar von gegenüber und brachte den Herrenzimmertisch mit den Worten zurück:   » Ehe die Russen ihn mitnehmen konnten, haben wir ihn lieber sichergestellt!«  Tja, unsere eigenen  »Hausrussen«, wie wir sie nun nannten, hatten schon gute Ausreden parat.

Die nächsten Wochen verbrachten die Eltern damit, das Chaos in der Wohnung zu beseitigen. Die Nachricht von unserer Rückkehr hatte sich in Windeseile herumgesprochen. Unaufgefordert kamen peu à peu die Nachbarn und brachten dies oder jenes  » sichergestellte « Möbel, oder den einen oder anderen Gegenstand wieder zurück.  Einiges Geschirr fand sich auch noch in den Schränken, obgleich die besseren Sachen verschwunden waren und auch blieben. Vom Buffet-Unterteil war die Türfüllung eingeschlagen worden. Vermutlich war die Tür abgeschlossen gewesen.

Das Leben Normalisiert Sich

Die Wand, die vorher zwischen Esszimmer und Berliner Zimmer gestanden hatte, sie war bei einem Luftangriff durch die Druckwelle zusammengestürzt, wurde durch eine Bretterwand ersetzt.  Da die Zentralheizung nicht mehr funktionierte, sie lag im Keller unter dem ausgebombten Seitenflügel, wurden Öfen besorgt und in den Zimmern aufgestellt. Nach und nach wurden die mit Pappe zugenagelten Fenster wieder verglast.  Die ersten Patienten stellten sich ein, und das Leben normalisierte sich, soweit man von normal in diesen Zeiten reden konnte. Meine Freiheit endete auch bald mit der Einschulung zum Winterhalbjahr 1945 in die 18. Volksschule in der Friedenauer Albestraße.

So hatte der im Mai 1945 in Neustadt begonnene, fast neun Wochen dauernde Irrweg zu guter Letzt ein glückliches Ende genommen.  Die zeitliche Zuordnung der einzelnen Fluchtorte wurde möglich, nachdem ich im Nachlass meiner Eltern viele Dokumente aus diesen Jahren fand.

Fluchtdok4-1

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

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Photos:  Dieter Kermas personal collection, 1) Passierschein für Familie Kermas um mit Fahrrad/Handwagen Kottbus nach Berlin zu verlassen (“zurück” wurde darin gestrichen), 2) Ermächtigung des Tschechischen National Bezirk in Neustadt a.d.T. für die Abreise von Neustadt a.d. Tafelfichte  nach Berlin .
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Dieter KermasDieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas”  to: californiagermans@gmail.com
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Stationen Auf Der Flucht Nach Berlin – (Dt. Zeitgeschichte)

October 6, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

2. Weltkrieg - Flüchtlingstreck

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Essays by Dieter Kermas  –  (Part 11)
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EINE VORAHNUNG

Tage später, wir waren nun bereits einige Wochen von Neustadt weg, erreichten wir einen größeren Ort.  Für die Nacht suchten wir einen Schlafplatz. So liefen wir mit anderen Flüchtlingen suchend umher, bis sich die großen Hallen einer Fabrik als Nachtlager anboten. Nun, wer weiß warum, jedenfalls sträubte ich mich mit Händen und Füßen in diese großen, dunklen unheimlichen Räume zu gehen. Was blieb den Eltern übrig, als weiterzusuchen.

In einem Bauernhaus, es war bereits dunkel geworden, fanden wir noch einen Platz zwischen anderen Flüchtlingen, dicht gedrängt auf dem Fußboden eines Zimmers. Am nächsten Tag machte eine schreckliche Nachricht die Runde. In der Nacht waren betrunkene Russen in die Fabrik eingedrungen und hatten wahllos in die schlafende Menschenmenge geschossen, ehe sie von Offizieren festgenommen werden konnten.  So gesehen hätten wir, ohne mein Gezeter, auch das Schicksal dieser Menschen erleiden können.

Auf dem weiteren Weg wurden wir, wie bereits erwähnt, ab und zu von Russen angehalten, und unser Gepäck wurde so stets leichter. An irgendeinem Tag hatten wir das erste Mal Glück, mit einem Zug mitfahren zu können. Besonders für Vater, der durch seine Behinderung kaum noch laufen konnte, war das ein guter Tag. Doch auch hier gab es wieder Momente, wo einem der Atem stocken konnte.

Wir hielten in einem Bahnhof. Mutter stieg aus und wollte für uns Wasser besorgen. Es dauerte und dauerte und sie kam nicht zurück. Zu Vaters Entsetzen pfiff die Lok zur Weiterfahrt und von Mutter keine Spur. Der Zug setzte sich langsam in Bewegung, und Vater wollte bereits mit mir abspringen, als wir Mutter angehetzt kommen sahen, und wir sie, mit der Hilfe von Mitreisenden, in den Zug ziehen konnten. Unsere Hoffnung, mit dem Zug recht weit in Richtung Berlin fahren zu können, erfüllte sich nicht.

Einmal war der Zug in der Nacht angegriffen worden und blieb bis zum Morgen in einem Wald stehen. Später erreichten wir einen großen Bahnhof. Es war Nacht und in der Ferne sahen wir den roten Schein einer brennenden Stadt am Himmel. Hier mussten wir den Zug verlassen und wieder zu Fuß weitergehen.

DIE LETZTE ETAPPE

So erreichten wir nach mehreren Wochen, abgemagert und übermüdet, mit den letzten Habseligkeiten, es waren nur noch ein Rucksack und zwei Taschen übrig geblieben, die Stadt Görlitz. Unsere Hoffnung war, bei Frau Burckert, Tante Elses Mutter, für einige Tage bleiben zu können. Mutter merkte aber bald, dass wir nicht besonders willkommen waren.

Es begann damit, dass wir auf unsere Bitte um etwas Essen, die Antwort erhielten, es sei kaum zu essen da, bis auf ein wenig Brot und Margarine. Wie es der Zufall will, Frau Burckert war aus dem Haus gegangen, sah Mutter aus unserem Zimmerfenster schräg über den Hof genau in das offenstehende kleine Fenster der Speisekammer. Sie rief uns sofort zu sich, zeigte auf das Fenster und wir waren sprachlos, als wir die Regale sahen, die brechend voll waren mit verschiedenen Einweckgläsern, Büchsen, Brot, Steinguttöpfen und Flaschen.

Wenn Vater Mutter nicht festgehalten hätte, hätte sie sicher sofort die Speisekammer aufgebrochen. Vater hatte Mutter eindringlich gebeten, von unserer Entdeckung nichts zu sagen, war aber damit einverstanden, am nächsten Tag, obgleich er eine längere Pause benötigt hätte, weiter in Richtung Berlin zu gehen. Wir verließen die Stadt Görlitz am 29. Juni 1945.  Ehe wir die ungastliche Stätte verließen, bat Mutter Frau Burckert, die Fuchspelzjacke aufzubewahren, bis wir sie wieder abholen würden.

Fluchtdok7Auch von Görlitz aus fanden wir keine Möglichkeit, mit einem Verkehrsmittel weiterzukommen. So liefen wir, mit wenig Gepäck belastet, weiter in Richtung Berlin. Wir erreichten die Stadt Cottbus. Hier blieben wir bis zum 4. Juli 1945. Doch es dauerte nicht lange, da machten sich die Strapazen der bisher zurückgelegten Wegstrecke bei Vater bemerkbar. Er konnte einfach nicht mehr vor Schmerzen weiter. Was nun? Wie so oft, ergriff Adele die Initiative, verschwand in einem zerbombten Industriegebäude und kam mit einer eisernen Schubkarre zurück. Zuerst wollte Vater es nicht wahrhaben, dass Mutter ihn damit transportieren wollte. Dann sah er endlich ein, dass dies im Moment die einzige Chance war weiterzukommen.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

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Photo:   picture-alliance / dpa (Vor 60 Jahren trat das Bundesvertriebenengesetz in Kraft)
Picture of  document: Author Dieter Kermas
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Dieter KermasDieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
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Flüchtlingstrecks Auf dem Weg In Richtung “Heimatland” – (Dt. Zeitgeschichte)

September 29, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

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Essays by Dieter Kermas  –  (Part 10)
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FLÜCHTLINGSTRECKS, ESSENSKNAPPHEIT UND EIN KLEINER BERNHARDINER

Dann war es wieder so weit. Bereits am 5. Juni 1945 wurden wir aus Bad Schwarzbach ausgewiesen. Der in russischer Schrift abgefasste Text der Ausweisung besagte, dass wir in unser » Heimatland «  zurückkehren müssen.

Unser Weg nach Berlin führte nicht konsequent westwärts. Wir mussten große Umwege machen und oft sogar wieder Richtung Osten ausweichen. Die Flüchtlingstrecks bewegten sich in kleineren und größeren Trupps auf den Landstraßen. Manche hatte das Glück noch Pferd und Wagen zu haben, aber das waren nur wenige.

Die folgenden Erinnerungen sind einzelne, sicher für mich unvergessliche, kurze Ereignisse. So fand ich eines Tages einen kleinen, ganz jungen Hund, der von den Leuten mit den Füßen weggestoßen wurde. Er quietschte und verstand nicht, was mit ihm passierte. Ohne zu fragen, nahm ich ihn auf den Arm und brachte ihn zu uns. Mutter war nicht sehr begeistert über den Neuzugang, der ja auch verpflegt werden musste. Das mit der Verpflegung war eines der Hauptprobleme. Manchmal fanden wir ein Feld, wo die Saatkartoffeln noch nicht geplündert waren, und deckten uns damit ein. Sobald wir wieder ein Dorf erreichten, gingen wir sofort in die verlassenen Häuser, um etwas Essbares zu finden.

VERLASSENER BAUERNHOF

So fanden wir eines Tages einen kleinen Bauernhof, der wohl erst ganz kurz vor unserer Ankunft fluchtartig verlassen worden war. In der Küche, und daran erinnere ich mich noch wie heute, standen Teller auf dem Tisch, in denen sich noch das Essen befand. Die näheren Umstände dieser Tragödie werden wir nie erfahren, aber das Gesehene prägte sich mir ein. Da die Türen offen standen, hatten sich ein paar Hühner in den Räumen breitgemacht. Als ich ein Huhn vom Schrank scheuchte, entdeckte ich dort oben ein Ei, welches ich freudestrahlend Mutter brachte. Sie war gerade dabei die Kaninchen aus ihren Ställen zu befreien. Im Kuhstall schrien die Kühe, weil sie nicht gemolken waren und ihre Euter fast platzten, oder bereits Milchbrand hatten.

Wir hatten nicht viel Zeit und so machte Mutter die armen Viecher wenigstens von ihren Ketten los und jagte sie ins Freie. Beim Weiterziehen blickten wir noch einmal zurück, sahen die Kaninchen die frischen Löwenzahnblätter fressen und die Kühe, die unruhig hin und her liefen. Anfangs hatte ich vor dem Haus einen alten Mann bemerkt, der wie suchend durch die Gebäude schlich, aber dann hatte ich ihn nicht weiter beachtet. Mutter erzählte mir viel später, dass er ihr auf ihre Frage, was er suche, erklärte hatte, dass er eine Stelle suche, um sich aufzuhängen. Vielleicht war es sogar der Bauer dieses Hofes?!

DER KLEINE BERNHADINER

Meinen kleinen Hund hatte ich nun schon einige Tage mitgeschleppt. Nach dem Aussehen, mit seinen Schlappohren und seinem weißen Fell mit braunen und schwarzen Flecken, hätte es vielleicht ein Bernhardiner werden können. Er fraß und fraß, und Mutter hatte schon rechte Probleme, um ihn satt zu bekommen. So verwundert es wohl nicht, dass sie ihn gegen meinen Willen, und trotz meines Geheuls und Weinens gegen etwas Essbares eintauschte.

Am nächsten Tag, ich stöberte den Graben längs der Landstraße entlang, blieb ich stehen und traute meinen Augen nicht. Da hing, über die Zweige eines Busches hingeworfen, das blutige Fell meines kleinen Hundes. Ich wusste nicht, wie mir geschah und die Tränen liefen mir über das Gesicht. Ohne mich noch einmal umzudrehen, rannte ich so schnell ich konnte, weg von diesem grausigen Ort. Später zogen wir an dieser Stelle vorbei, das Fell war verschwunden, aber eine größere Familie kochte sich etwas in einem Topf an dieser Stelle. Lange war ich böse auf Mutter, bis ich später einsah, dass es nicht anders gegangen wäre.

EIN LAIB BROT

Wieder einige Zeit später, wir waren unterwegs alle Weile von umherstreifenden Russen angehalten, durchsucht und nach » Uri, Uri « gefragt worden, staute sich der Treck, weil eine Kolonne Lastwagen der russischen Armee sich einen Weg durch die Flüchtlinge bahnte. Nun ging es nicht weiter und die Lastwagen standen eingekeilt zwischen uns.

Nun kam wieder eine Szene, die ich nie vergessen werde. Ein paar weibliche russische Soldaten entdeckten mich, als ich ganz dicht an ihrem Lkw vorbeistrich. Schwupp, hatten mich zwei von ihnen gepackt und versuchten mich auf den Wagen zu ziehen. Mutter sah das, ließ alles stehen und liegen, schnappte sich meine in der Luft hängenden Beine und begann mich wieder nach unten zu ziehen. So wurde ich abwechselnd nach oben, und dann wieder nach unten gezogen.

Letztendlich siegte Mutter, als die Russinnen mich vor Lachen nicht mehr festhalten konnten. Der Spaß, den sie mit mir gehabt hatten, war ihnen ein großes Brot wert, das sie mir vom Wagen noch nachreichten.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

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PHOTO Credit:  Deutsches Historisches Museum Berlin  Photographie 1945 © DHM, Berlin F 63/1482 –  Flüchtende Mutter mit ihren Kindern

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Dieter KermasDieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
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Ausweisung – Reichsdeutsche Verlassen das Sudetenland (Dt. Zeitgeschichte)

September 22, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Fluchtdok12

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 9)
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Die Soldateska

Einige Tage später, ich war gerade auf der Straße, begegneten mir seltsame Gefährte auf der Lusdorfer Straße. Es waren Pferdewagen mit Planen, die von einem oder zwei recht struppigen Pferdchen gezogen wurden. Auf den Kutschböcken saßen kleine erdbraun gekleidete Männer mit Mützen, an denen die gefütterten Ohrenklappen auf und nieder schwappten. Doch wie war ich erstaunt über die Gesichter der Männer. So etwas hatte ich noch nicht gesehen.

Ich hatte keine Angst, sondern sah sie mir beim Vorbeifahren genau an. Die Menschen hatten kleine Schlitzaugen, eine gelbliche Hautfarbe und trugen durchweg dünne Schnurrbärte mit lang herunterhängenden Enden. Es waren Mongolen, die die Aufgabe hatten, in den besetzten Gebieten Furcht und Schrecken als Strafe zu verbreiten.

Ich rannte nach Hause, um davon zu berichten. Dort wussten alle schon, was nun folgen würde. Mutter und ich wurden im Dachgeschoss in einer Nische zwischen Schornstein und einer Wand versteckt. Vater schob noch einen Schrank vor unser Versteck und schärfte uns ein leise zu sein. Drei Tage und Nächte wütete die Soldateska, und man hörte selbst hier im Versteck das Geschrei und das Weinen von Frauen und Kindern. Ich verstand nicht, was passierte und war ganz still vor Angst.

Am zweiten Tag polterten Stiefel die Treppe zu unserer Wohnung hoch. Dann folgte eine laute Unterhaltung, in der ich auch Vaters Stimme deutlich hören konnte. Mutter erzählte mir später, dass sie sehr um das Leben von Vater gebangt hatte.  Kaum waren die Stimmen verstummt, als Vater zu uns auf den Boden kam und uns etwas zu Essen brachte.  Als Mutter fragte, warum es so laut zugegangen sei, antwortete er: » Das erzähle ich euch später « und verschwand wieder nach unten. Am dritten Tag waren die wilden Horden weitergezogen, und wir konnten es wagen, das Versteck zu verlassen. Mutter eilte sofort aus dem Haus, um Lebensmittel zu besorgen.

Am Abend erzählte Vater dann seine Erlebnisse der letzten drei Tage. Kaum waren die Mongolen weitergezogen, kamen am dritten Tag Russen der regulären Truppe. Wie sollte es anders sein, auch zwei von ihnen verirrten sich zu uns in die Wohnung. Sie stöberten ein wenig in der Wohnung, fanden nichts Interessantes und forderten dann laut » Wodka! «. Vater schüttelte den Kopf und sagte »Nein«.

Sie glaubten ihm nicht, gingen noch einmal in das Schlafzimmer, sahen auf der Frisierkommode eine Halbliterflasche mit Eau de Cologne  stehen. Vater schüttelte den Kopf. Der Finder jedoch grinste, öffnete die Flasche, roch daran, verdrehte die Augen, setzte sie an den Mund und trank in einem Zug die halbe Flasche leer, ehe ihm sein Kamerad die Flasche entreißen konnte. Der Rest der Flasche verschwand in Nummer Zwei. Die Hoffnung, dass sie nun umfallen müssten, erfüllte sich zum Glück nicht, denn nach dem sie vergeblich nach mehr verlangt hatten, trollten sie sich leicht schwankend, aber gut duftend aus unserer Wohnung.

Ausweisung  – Reichsdeutsche gen Westen

Einige Wochen später klopfte es nachts leise an unserer Haustür. Mutter eilte nach unten. Als sie wieder nach oben kam, weckte sie zuerst Vater, um zu berichten, was der späte Besucher gewollt hatte.

Es war eine Tschechin, die Oma seit langer Zeit kannte, die gekommen war, um uns zu warnen. Sie hatte Mutter in aller Eile berichtet, dass am nächsten Morgen der Befehl verkündet würde, dass alle » Reichsdeutschen «, das waren Vater, Mutter und ich, innerhalb von zwei Stunden den Ort zu verlassen hätten. Oma durfte vorerst noch bleiben, da sie hier geboren war und immer gelebt hatte. Nun hatten wir einige Stunden mehr Zeit um unsere Sachen zu packen. In aller Eile wurden wertvolle Dinge, wie Schmuck und Geld, in die Kleider eingenäht.

Vater suchte noch in fieberhafter Eile ein paar, nach seiner Meinung wertvolle Briefmarken aus seiner Sammlung heraus, die ich in meinen Mantel eingenäht bekam. Ich verstand nur soviel, dass ich vorläufig nicht wieder hierher zurückkommen würde. Ich nahm einen Hammer und zerschlug meinen Schmetterlingskasten, weil ihn kein anderer haben sollte. In aller Eile erhielt Oma noch Anweisungen eine Kassette, in der Gustav einige wichtige Papiere und unter anderem einen sehr wertvollen Ring aufbewahrte, zu einem späteren Zeitpunkt irgendwo sicher zu vergraben.

Dann brach der Morgen des 27. Mai 1945 an, Lautsprecherwagen fuhren durch die Straßen und forderten die Reichsdeutschen auf die Stadt innerhalb von zwei Stunden zu verlassen und nur das Nötigste mitzunehmen. Wir hatten in der uns zur Verfügung stehenden Zeit einen kleinen Leiterwagen vollgepackt und machten uns auf den Weg. Anfangs wussten wir nicht wohin wir gehen sollten. Oma gab uns den Rat, zuerst zu einer bekannten Familie nach Bad Schwarzbach zu gehen.

So zogen wir, einem ungewissen Schicksal entgegen, die Lusdorfer Straße in Richtung Bad Schwarzbach. Später erzählte mir Mutter, dass sie beim Vorbeilaufen am Schaufenster des Ladens unserer Hauswirtin gesehen hatte, dass das immer dort stehende Hitlerbild gegen eine rote Fahne über Nacht ausgetauscht worden war. Doch auch Frau Fuchs musste, wie Oma, Neustadt einige Zeit später verlassen. So zogen wir mit einigen anderen Reichsdeutschen einem ungewissen Schicksal entgegen. Ein kurzes Stück hinter Neustadt befand sich auf der Lusdorfer Straße die Grenze.

Es war die Grenze zwischen dem Sudetenland und dem Deutschen Reich.

Wir trafen in Schwarzbach ein und fanden unsere erste Bleibe bei der uns von Oma genannten Familie. Das Haus lag, wenn man von Neustadt kam, kurz hinter dem Dorfanfang auf der linken Seite. Hier konnten wir für die nächsten Tage in einer Stube wohnen.

Gewagtes Unterfangen

Bereits am nächsten Tag geschah etwas Unvorhergesehenes. Mutter stellte plötzlich fest, dass sie ihre Fuchspelzjacke in Neustadt vergessen hatte. Diese wollte sie nun holen. Ehe Vater dies verhindern konnte, war sie bereits draußen auf der Straße, um eine Möglichkeit zu finden, nach Neustadt zu fahren.

Diese Möglichkeit näherte sich in Gestalt eines der bereits beschriebenen Panjewagen der Russen. Mutter stellte sich auf die Straße, hielt das Pferdegespann an, gestikulierte mit den auf dem Kutschbock sitzenden Russen und stieg zu. Vater erzählte später, dass er dachte, dass wir Mutter nie wiedersehen würden.

Stunden vergingen und Vater lief unruhig im Zimmer auf und ab. Ich machte mir, weil ich die Situation nicht einschätzen konnte, weniger Gedanken und spielte mit anderen Kindern im Hof des Hauses.

Am späten Nachmittag, Vater hatte alle paar Minuten aus dem Fenster gesehen, erblickte er ein aus Neustadt kommendes Pferdefuhrwerk der Russen und eine quietschvergnügt vom Wagen springende Adele. Sie erzählte uns dann, dass sie keinerlei Probleme, weder mit den Russen, noch mit den in Neustadt verbliebenen Einwohnern, gehabt hätte.

Im Gegenteil, an der Grenzstelle hatten die Tschechen Mutter erkannt und wollten den Wagen anhalten. Die Russen jedoch, so berichtete sie, spuckten nur einige Sonnenblumenkörnerschalen in Richtung der tschechischen Grenzer und fuhren ohne Halt weiter nach Neustadt. Die Fuchspelzjacke, die sie unter diesen nicht ungefährlichen Umständen gerettet hatte, schafften wir während der ganzen Flucht zu behalten. Erst in Görlitz ließen wir sie bei Familie Burckert zurück, um sie später wieder abzuholen.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo Credit : Dieter Kermas
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Dieter KermasDieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
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Erstes Ausweichen nach Westen

September 15, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

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Essays by Dieter Kermas  –  (Part 8 )
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Eine Warnung

Der Herbst rückte näher und die militärische Lage war für Deutschland katastrophal. Ich merkte davon nichts und freute mich, wenn ich mit Oma Pilze suchen durfte und am Waldrand Brombeeren naschen konnte.

Dieser Friede wurde jäh unterbrochen, als es eines Nachts an unserer Haustür Sturm läutete. Mutter war zuerst am Fenster, um zu sehen, wer da wohl Einlass begehre. Vater, der inzwischen auch munter geworden war, stand auch auf. Mutter erzählte mir am nächsten Morgen, dass sie einen gehörigen Schrecken bekommen hatte. Sie hatte ein Motorrad mit Beiwagen erkennen können, auf dem ein Mann, bekleidet mit einer wattierten Steppjacke hockte.

Was lag näher, als zu glauben, die ersten Russen wären da.  Erst als eine Stimme rief: » Adele, nun mach schon auf! « , erkannte sie ihren Bruder Gustav. Gustav hatte sich auf eigenes Risiko von der nicht all zu weit entfernt liegenden Truppe entfernt, um uns mitzuteilen, dass alles aus sei, und wir uns auf die Vertreibung aus dem Sudetenland vorbereiten sollten. Er blieb nur den Rest der Nacht bei uns und verschwand im Morgengrauen wieder zu seiner Einheit. Ich war durch das Stimmengewirr auch wach geworden, konnte Onkel Gustav gerade noch begrüßen, ehe Mutter mich wieder ins Bett scheuchte.

Bald hielt der Winter Einzug und begann bereits Anfang Oktober mit einigen Schneeflocken auf sich aufmerksam zu machen. Da bekam ich meine ersten Ski vom Woiner–Tischler. Ski und Stöcke waren schwarz.   Ich war so stolz, dass ich sofort von der Tischlerei meine ersten Laufversuche in Richtung Markt unternahm.

Es wurde Februar, und an manchen Tagen schien die Sonne so stark, dass sich das erste Gras in den getauten Löchern im Schnee sehen ließ. Bei meinen Ausflügen in der Umgebung fand ich auf den Ästen der Büsche und auf dem Boden blanke Streifen aus Silberpapier. Ich sammelte einige davon auf und brachte sie nach Hause. Mutter wusste auch nicht was das sein sollte. Vater sah sich die ca. 30 Zentimeter langen und ca. 4 Zentimeter breiten Streifen an und erinnerte sich dann, davon gehört zu haben.

Diese Streifen wurden von feindlichen Flugzeugen abgeworfen, um die Funkortung zu erschweren. Warum die Streifen jedoch über unserem Dorf abgeworfen wurden, konnte er sich auch nicht erklären.

FLucht nach Aussig

Mitte Februar 1945 wurde das letzte Kapitel Neustadt  geschrieben.

Über Nacht hatte man alle Gefängnisse geöffnet und die Strafgefangenen liefen in die Häuser, um ihre Sträflingskleider gegen Zivilkleider umzutauschen. So kamen sie auch in unsere Wohnung, sicher nicht ganz zufällig, dazu wohnten wir viel zu unauffällig, sondern sie hatte einen Tipp bekommen. Vaters Hosen waren ihnen zu weit, und Gustavs Stiefel viel zu lang und zu dünn. Doch sie fanden trotzdem einige Kleidungsstücke, zogen sich um und hinterließen uns ihre stinkenden gestreiften Hosen und Jacken.

Da meine Eltern nicht wussten, was der nächste Tag in Neustadt bringen würde, bat uns Vater am 28. Februar 1945 nach Aussig zu gehen, eine Stadt, die weiter westlich und weiter von der Front entfernt lag. Er blieb bei Oma Toni in Neustadt.

So zogen wir beide 180 km westwärts und erreichten nach einigen Tagen die Stadt Aussig. Hier fanden wir Unterkunft bei einer Frau Schandert, deren Wohnung sich auf dem Gelände des Schlachthofes befand. Von dieser Station unserer Flucht sind mir noch Einzelheiten erinnerlich. So musste ich mit einer großen Blechkanne in eines der Schlachthäuser gehen, um Blut zu holen. Daraus machte Frau Schandert eine ganz hervorragende Topfwurst. Als Form nahm sie immer eine Kastenform, die sonst zum Backen genommen wurde. Während ich so über das Gelände des Schlachthofes lief, fielen mir ein paar Blumen auf, die ich noch nicht kannte. Viel später sah ich diese im Biologiebuch, es war Huflattich.

Dann gab es wieder Tage, an denen die Ruhe jäh unterbrochen wurde.                   Es fing immer damit an, dass im Radio Feindverbände im Anflug über Brüx und Dux gemeldet wurden. Es dauerte danach nicht lange, und die Fliegersirenen heulten im Schlachthof auf. Mit den wichtigsten Sachen verließen wir das Haus, um wie alle anderen, sich in einem in den Felsen getriebenen Stollen in Sicherheit zu bringen. Mir behagte diese dunkle Höhle mit den vielen Menschen überhaupt nicht, und ich weigerte mich, da hineinzugehen.

Ganz in der Nähe war eine schmale Schlucht, die oben von den Bäumen, es waren Buchen, verdeckt wurde. Dort warteten wir dann. In der Schlucht wurden auch Gefangene während der Angriffe untergebracht.  Mutter sah sich die Gefangenen an, kam zurück, holte von uns ein paar belegte Brote und brachte sie den Menschen. Sogleich gab es Ärger, denn das Wachpersonal verbot ihr, zu den Gefangenen zu gehen.

Doch wer Mutter kannte, wusste, dass sie diese Anordnung ignorieren würde. Sie ließ sich auf keine Diskussion ein, sondern verteilte die belegten Brote. Der Aufseher, der sie am Arm anfasste, um sie wegzuziehen, bereute es sofort. Sie riss sich so heftig von ihm los, dass er ins Straucheln kam. Dann folgte ein Redeschwall auf den armen Wachmann, dass er nur hilflos die Hände hob, als wollte er sagen: » Ich tue doch nur meine Pflicht.« Aus den Reihen der Gefangenen kam leises, aber hörbares Beifallsgemurmel.

Ich hatte diese Sache nur nebenbei mitbekommen. Viel genauer erinnere ich mich an die kleinen blühenden Pflanzen, die fast die gesamten Hänge der Schlucht bedeckten. Auch hier fand ich später heraus, dass es Buschwindröschen waren.

Sobald der Alarm vorbei war, liefen wir zurück zum Schlachthof. Im Gelände des Schlachthofes, so erinnere ich mich noch deutlich, gab es gedeckte Laufgräben, in denen man bei einem plötzlichen Angriff Zuflucht suchen konnte.

Die Luftangriffe auf die Stadt Aussig hatten zugenommen, so dass sich Mutter am 6. April 1945 entschloss, zurück zu unserem Vater nach Neustadt zu gehen. Am 18. April meldete sie uns wieder auf der Meldestelle an. Sollten wir Neustadt verlassen müssen, so wollten wir uns gemeinsam nach Berlin durchschlagen.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo Credit : Aussig-nach dem Sudetenland Lexikon
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Dieter Kermas - CA Germans AuthorDieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
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Ein Lebensmittelvorratslager Verbirgt Eine Gefährliche Überraschung

September 8, 2013 by Dieter Kermas 2 Comments

 Berlin, Kinder spielen in Trümmern

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 7 )
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Seltsame Bohnen und Ein Schreckerregendes Spielzeug

Eines Tages hörte Mutter am Nachmittag zufällig, dass nicht weit entfernt von uns, gleich hinter der Lusdorfer Straße, ein Lebensmittelvorratslager der Wehrmacht geplündert wurde. Das Depot wäre bereits in der vergangenen Nacht aufgebrochen worden und es sei fast alles ausgeräumt. Da es im Ort an einigen Lebensmitteln bereits ein wenig mangelte, konnte es nicht schaden, dort noch einmal nachzusehen, dachte sich Mutter, und wir liefen los.

Es war, soweit ich mich erinnere, ein graues, sicher aus Beton errichtetes, bunkerähnliches kleines Gebäude. Hinter der Türöffnung kamen wir in einen großen, stockdunklen Raum. Nur das Licht, das durch die Türöffnung fiel, erhellte schwach einen kleinen Teil des Depots. Nachdem wir uns an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannten wir einige Personen, die noch nach Lebensmittelresten suchten. In den Ecken lagen noch lose Mehlhaufen, auf dem Boden trat man auf Bohnen und auch Zucker knirschte unter den Sohlen. Da waren nurmehr kümmerliche Reste, die nach der nächtlichen Plünderung übrig geblieben waren. In einem Nebenraum standen jedoch noch ein oder zwei aufgeschlitzte Säcke, die ich entdeckt hatte und Mutter zeigte. Anfangs wusste sie auch nicht, was der Inhalt war. Er sah so wie weiße Bohnen aus, nur dass diese, Mutter hatte einige mit zur Türöffnung genommen, hellgrün waren. » Ich weiß jetzt, was das ist «, sagte sie zu mir, » es ist Kaffee, der noch nicht geröstet ist.« Das war mir auch egal, zumal ich einer Kostprobe keinen Geschmack abgewinnen konnte.

Während Mutter die mitgebrachte Einkaufstasche mit grünen Kaffeebohnen füllte, war ich schon wieder auf Erkundungstour. Ich stöberte weiter durch die dämmrigen kleineren Räume, fand nur noch eine Dose mit einem Holzstiel daran, und nahm sie als einzige Beute mit. Ich muss wohl recht lange herumgesucht haben, denn Mutter war bereits weg. Sicher hatte sie angenommen, dass ich vor ihr nach Hause gegangen war. So schlenderte ich mit meinem neuen Spielzeug langsam Richtung heimwärts. Unterwegs rappelte ich mit der Dose am Stiel die Lattenzäune entlang und kam nicht viel später zu Hause an.

Kaum war ich jedoch in der Wohnstube erschienen, rief mir mein Vater laut und befehlend zu:  » Leg das sofort vorsichtig hin! « und zeigte auf mein neues Spielzeug. Da Vater mich noch nie so laut angefahren hatte, fiel mir das Ding aus der Hand und plumpste auf die Dielen. So flink, wie ich selten gesehen hatte, schnappte sich Vater meine Beute, rannte aus dem Zimmer und kam nach einer Weile langsam und etwas müde aussehend zurück. Ich verstand die Welt nicht mehr und beinahe hätte ich angefangen zu heulen. Er bemerkte meinen kleinen Schock und erklärte mir, dass dies eine Stielhandgranate war, die uns alle hätte zerreißen können, wenn sie explodiert wäre. Nun kann man nicht verlangen, dass ein Dreikäsehoch die gesamte Tragweite dieser Angelegenheit erfassen konnte. So nickte ich verständnisvoll und trollte mich aus dem Zimmer.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo Credit : Bundesarchiv, Bild_183-0822-520, Photographer Krueger, Erich O. , Berlin, Kinder_spielen_in_Trümmern

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Dunkle Wolken Ziehen Auf

September 1, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Russland, Panzer IV und Halbkettenfahrzeug
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Essays by Dieter Kermas  –  (Part 6 )
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Wurstsuppe

Ich ging gerne zum Einkaufen, aber um den Weg zur Fleischerei Tupatschek hätte ich mich gerne gedrückt.  Wenn es dann hieß: » Geh bitte zur Tupatschek-Martha und hole Wurstsuppe «, dann hingen bei mir schon die Ohren herunter.

Erstens bekam ich eine mindestens zwei Liter fassende, mit einem Deckel versehene Milchkanne in die Hand gedrückt, und zweitens die Ermahnung, nicht wieder die Hälfte zu verschütten. Das war mir jedoch nur ein einziges Mal passiert. Dann schlich ich die Bahnhofstraße ein Stück hinunter, bis ich zur Fleischerei kam. Das Gebäude lag etwas von der Straße aus zurückgesetzt und davor lag, so oft ich dorthin gehen musste, immer der vollgefressene träge Schäferhund. Im Geschäft war es durch die Wurstbrüherei feucht und zum Ersticken warm. Ich bekam meine Kanne gefüllt und schleppte sie nach Hause. Auf dem Weg musste ich höllisch aufpassen, dass ich nicht mit der brühheißen Kanne an meine nackten Beine kam. Ich habe oft hineingesehen, aber nie verstanden, was daran so Besonderes war. Ich sah nur eine abwaschtrübe Brühe, in der ein paar Reste von geplatzten Blut- und Leberwürsten schwammen. Wie die Wurstsuppe weiterverarbeitet wurde, weiß ich nicht mehr.                                Wir hatten auch ein ganz feines Lebensmittelgeschäft am Marktplatz. Der Besitzer hieß Lex und er war mit seiner Leibesfülle eine gute Reklame für sein Geschäft.

Ein seltsames Gefährt

Einige Tage später, ich war zum Woiner-Tischler gelaufen, um ihn bei seiner Arbeit zuzuschauen, als ich kurz vor der Werkstatt stehen blieb. Das sich mir nähernde Fahrzeug betrachtete ich etwas ängstlich. Vorne sah es aus wie ein Lastkraftwagen, kam aber mit einem solchen Getöse und Geklirr auf mich zu, dass ich mich beeilte, die Tür der Tischlerei zu erreichen.

» Hallo, Junge, ja Du dort, warte mal «, rief eine Stimme aus dem Fenster des Ungetüms. » Wo ist hier eine Tankstelle? « Ich wusste, dass die beiden roten Säulen auf dem Marktplatz, nachdem ich Mutter danach gefragt hatte, eine Tankstelle war. So antwortete ich: » Da vorne, auf dem Marktplatz «. Der Kopf mit dem Käppi bedankte sich und das Fahrzeug setzte sich wieder in Bewegung. Nun sah ich, dass es vorne Räder wie ein Lastwagen hatte, und hinten Ketten. Viel später erfuhr ich, dass es ein sogenanntes Halbkettenfahrzeug gewesen war.

Soldaten

Am nächsten Tag, wir waren gerade beim Frühstück, hörten wir ungewöhnliche Geräusche in unserer Straße.   Als wir aus dem Fenster sahen, fuhren Lastwagen mit Soldaten langsam an uns vorbei. Einige Soldaten gingen zu Fuß. Eine Szene ist mir noch deutlich in Erinnerung geblieben. Da trugen zwei Soldaten einen an einer Stange befestigten Käfig mit mehreren schnatternden Gänsen gemütlich durch die Gegend. Ich fand das alles sehr aufregend, und kaum hatte man mich vom Frühstückstisch entlassen, eilte ich zum Marktplatz, wohin die Kolonne gezogen war. Da sah ich dann viele Militärfahrzeuge, Soldaten und neugierige Neustädter, die sich ebenfalls eingefunden hatten.

Ein Lastkraftwagen mit festem Aufbau erregte besonders mein Interesse. Im Inneren, die Tür stand offen, saßen zwei Uniformierte mit Kopfhörern auf den Ohren und ich hörte es aus vielen merkwürdigen Apparaten piepsen und pfeifen. Plötzlich fasste mich eine Hand an der Schulter. Ehe ich mich losreißen konnte, um wegzulaufen, hörte ich eine Stimme sagen: » Da bist Du ja wieder «, und ich erkannte den Kopf mit dem Käppi, dem ich den Weg zur Tankstelle beschrieben hatte. » Komm mal mit, ich habe etwas für Dich «, sagte der Soldat, und zog mich mit bis zu einem anderen großen Lastkraftwagen. Er kletterte hinein, kam kurz darauf wieder heraus und gab mir zwei leichte Päckchen. » So «, sagte er, » das nimm bitte mit nach Hause, Mutter wird schon wissen was das ist «. Ich dankte, und rannte so schnell ich konnte zurück. Unterwegs sah ich mir die Päckchen an. Sie bestanden aus grauweißem Papier und waren mit blauer Schrift bedruckt. Mein Geschenk entpuppte sich nun als Knäckebrotpakete. Ich wollte unbedingt sofort davon kosten und war maßlos über den faden, nicht mal süßen Geschmack enttäuscht. Hätte ich gewusst, was die nächsten Tage bringen würden, wäre ich nachsichtiger gegenüber dem Spender gewesen.

Verrat

Am übernächsten Tag waren die Soldaten spurlos verschwunden. Ich machte mir keine Gedanken darüber. Erst viele Jahre später erzählte mir Vater die Wahrheit über das Schicksal dieser Menschen. Das waren alles Soldaten, die sich von der Truppe abgesetzt hatten, weil sie die Sinnlosigkeit des Krieges eingesehen hatten.

Sie hatten sich mit den besten Fahrzeugen und Waren auf den Weg nach Westen aufgemacht, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Doch hier in Neustadt ereilte sie der Tod, dem sie glaubten entronnen zu sein. Unser Bürgermeister, ein überzeugter Nationalsozialist, hatte nichts Eiligeres zu tun, als die » Deserteure « und » Fahnenflüchtigen «  beim nächsten  Wehrbereichskommando zu melden. In der selben Nacht, so wurde berichtet, wurden alle Soldaten von einem Sonderkommando abgeführt und erschossen. Es ist auch sicher kein Trost zu wissen, dass der gleiche Bürgermeister später von den Russen vor dem Rathaus wie eine Ratte erschlagen wurde.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo credit: Kfz. der Wehrmacht, Bundesarchiv Photo: Kripgans-1943 Sommer

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Alltagsgeschichten oder Omen Einer Unheilvollen Zeit

August 25, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Oberflaechenteerung_2

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 5 )
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Ein geteerte Strasse Macht Ärger

Die Lusdorfer Straße, nach meiner Erinnerung hatte sie die Breite einer größeren Landstraße, gehörte noch zu dem Bereich, in dem ich mich herumtrieb. Eines Tages im Hochsommer roch es aus Richtung dieser Straße so merkwürdig, wie als ob etwas verbrannt wurde. Ich lief neugierig in diese Richtung. An einer Wegbiegung sah ich, wie Männer mit Eimern hin und her liefen, und eine dicke schwarze rauchende Flüssigkeit auf die Straße gossen. In der Nähe stand ein Lastkraftwagen mit einem großen Behälter darauf, aus dem dicke gelbe Qualmwolken aufstiegen. Von dort holten sich die Arbeiter ihre Eimer mit neuem heißen Teer.

Der Geruch war streng, aber für mich nicht unangenehm. So sah ich eine Weile zu, wie die schwarze Masse mit Holzkellen glatt gestrichen und mit Sand bestreut wurde. Um in Ruhe zusehen zu können, setzte ich mich auf der anderen Straßenseite auf den Straßenrand. Nachdem ich mich sattgesehen hatte, inzwischen war es Mittag geworden, wollte ich mich nach Hause trollen. Doch, was war das? Ich konnte kaum aufstehen, so fest klebte der in der Hitze weich gewordene Teer die neue Wollhose am Boden fest. Zu Hause angekommen gab es das befürchtete Donnerwetter und einen Katzenkopf, oder wie es bei uns hieß, eine Knallschote, von Mutter.

Indianerspiel

An der Lusdorfer Straße, etwas außerhalb, wohnte ein Verwandter von uns, den ich nur als Onkel Franz kannte. Ich habe ihn in wenig guter Erinnerung, und das kam so: Mit Oma machten wir eines Tages den ersten Besuch bei ihm. Warum auch immer, er kam plötzlich auf die Idee, mich mit einem Pferdegeschirr zu umwickeln, und meinte, das gehöre zum  Indianerspielen.   Nachdem er keine Anstalten machte, mich auf meine Bitte hin, wieder zu befreien, wurde mir langsam angst, und ich war nahe am Weinen. Er sah das, meinte noch, dass Jungen nicht weinen, und nahm mir dann aber meine Fesseln ab.

Er war wohl auch sonst ein merkwürdiger Kauz. Mutter erzählte später, dass sie einmal zum Essen eingeladen war. Es gab Fleisch, Kartoffeln und Gemüse.  Nach dem Essen fragte Franz Mutter ganz scheinheilig, wie ihr das Fleisch geschmeckt hätte. Mutter antwortete:  » Gut, aber was war das für Fleisch? « Darauf prustete Onkel Franz vor Lachen los und teilte Mutter mit, dass sie gerade den etwas betagten Hofhund verspeist hätte. Das entsprach auch der Wahrheit. Nachdem Mutter von der Toilette zurück war, verließ sie das Haus von Onkel Franz, um es nie wieder zu betreten.

Der Sperber

Ein Stück weiter auswärts, wohl in der Nähe der Sägemühle, befand sich auf der rechten Seite ein größerer Hof.  Bis dort dehnte ich meine Ausflüge aus, meist dann, wenn ich auf Schmetterlingsjagd war. Ich wollte gerade am Tor des Gehöfts vorbeigehen, als ich laute Stimmen hörte. Ich sah ein paar größere und kleinere Jungen unter dem großen Baum stehen, der den Mittelpunkt des Hofes bildete, und nach oben starren.

Ich kannte keinen von ihnen und so ging ich vorsichtig ein Stück näher, um zu erfahren, was da oben so sehenswertes war. Ich konnte nichts entdecken und fragte: » Was ist da oben? «   Ein größerer Junge rief mir zu: » A Stösser is af em Baam.«  Er meinte, dass ein Sperber auf dem Baum sei. Kaum hatte ich ihn ausgemacht, als bereits einer der größeren Jungen mit einem Gewehr zurückkam, und auf den Vogel schoss. Ein paar Federn trudelten zu Boden, trotzdem schaffte es der Sperber noch aus dem Baum zu fliegen, fiel aber dann hinter dem Haus zu Boden.

Mit Freudengeheul kamen kurz danach zwei von den größeren Jungen mit dem Sperber, den sie an einem Flügel hin und her schwenkten, angelaufen. Sie wurden von den kleineren Kameraden gebührend bewundert. Ich ging weiter, weil ich das alles nicht verstand, und mir das Tier leidtat.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo credit: Staatsarchiv Basel – (Oberflächenteerung in Basel im Jahr 1915)

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Zeichen Einer Neuen Zeit – (Dt. Zeitgeschichte)

August 18, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Dieter Kermas - Fluchtdokumente

Zeichen Einer Neuen Zeit – der Krieg holt uns ein

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 4 )
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Bald jedoch begannen sich in Neustadt die Zeichen einer neuen Zeit bemerkbar zu machen.

So fuhr ich eines Tages mit meinem Roller in Richtung Bahnhof, als ich kurz vor Roller NaT.der Station einen Menschenauflauf, Pferdegespanne und sogar einen Lastkraftwagen sah. Da hatte man, sicher schon Tagen vorher, Baumstämme quer über die Straße senkrecht eingegraben, in mehreren Reihen hintereinander. Dann waren waagerechte Bäume eingelegt worden, und nun war man gerade dabei, die Hohlräume zwischen diesen beiden massiven Holzverhauen mit Sand und Steinen aufzufüllen. Nur in der Mitte war ein kleiner Durchgang gelassen worden, durch den eine Person gerade noch hindurchpasste. Ich sah eine Weile zu, fuhr dann nach Hause, um diese Neuigkeit zu erzählen. Vater, der sich im letzten Moment ebenfalls bis zu uns durchgeschlagen hatte, meinte, das sei sicher eine  Panzersperre. Darunter konnte ich mir nichts vorstellen und schenkte dem Bauwerk weiterhin keine Beachtung.

Hier ist sicher noch Platz, um kurz zu schildern, wie Vater den Weg zu uns fand.

Im Jahr 1944 hatte man begonnen, alle Männer zu erfassen, die für die Verteidigung der Heimat, nach der Meinung der Militärs, noch in irgendeiner Weise einsetzbar wären. Der sogenannte » Volkssturm « wurde ausgerufen. Wer sich noch selber bewegen konnte, wurde erfasst, gemustert und einer der Volkssturmabteilungen zugewiesen. Alter und Behinderungen spielten keine Rolle. Als Vater mit seiner Gehbehinderung, mühsam seinen Weg bis auf einen Schulhof in Berlin-Schöneberg gefunden hatte, standen dort bereits Männer jeglichen Alters und teilweise in erbarmungswürdig gesundheitlichen Zustand. Ein grauhaariger Offizier, ihm fehlte ein Arm und über einem Auge trug er eine schwarze Binde, hielt eine flammende vaterländische Rede und ließ zur Probe an jeden einen Karabiner verteilen. Da Vater, der nie ohne Stock ein längeres Stück gehen konnte, nun auch noch den Karabiner mit der anderen Hand entgegennehmen musste, fiel ihm das nicht leicht. Er wandte sich an den auf und abschreitenden Offizier mit den Worten: » Haben Sie nicht etwas Leichteres? « Nachdem sich das Gebrüll des Angeredeten etwas abgeschwächt hatte, verstand mein Vater, dass er sich am nächsten Morgen beim Kommandanten zum Rapport einzufinden hätte.

So erschien Vater am nächsten Morgen mit einer dicken Aktentasche voller Atteste, Krankheitsgeschichten und weiteren ärztlichen Gutachten, warf sie dem Vorgesetzten auf seinen Schreibtisch, empfahl diesem, alles gründlich zu lesen und verließ, ohne eine Antwort abzuwarten, den Raum. Einige Tage später fandFluchtdok12er trotzdem seine Einberufung zum Volkssturm in der letzten Kategorie vor. Nun war es ihm klar, dass er Berlin schnellstens verlassen musste. Mit sehr viel Glück und Umwegen traf Vater am 2. Februar 1945 bei uns ein. Wie uns ein Hausbewohner nach unserer Rückkehr erzählte, hing bereits drei Tage später ein Suchaufruf nach meinem Vater wegen Fahnenflucht oder so ähnlich an unserer Haustür.

Doch auch in diesen wirren Zeiten klappte die preußische Ordnung.                       Am 3. Mai 1945 erhielt Vater in Neustadt ein Schreiben vom

» Deutschen Volkssturm, Gau 32, 2. Kompanie, 405. Bataillon «,

in dem ihm mitgeteilt wurde, dass er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes vom Volkssturm entlassen sei.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

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Leben in Neustadt – (Dt. Zeitgeschichte)

August 11, 2013 by Dieter Kermas Leave a Comment

Dieter Kermas - N.a.T. Heuwagen

Leben in Neustadt: Von Schmetterlingen, Dampflok & Einem Teddy

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 3 )
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In der Bahnhofstraße, kurz vor dem Bahnhof, befand sich auf der linken Seite ein Weg, der zum Kino führte. Dort sah ich mit Oma Toni meinen ersten Film mit dem Titel » Krambambuli «. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass es mein erster Film war, und ich besonders aufmerksam die Ereignisse auf der Leinwand verfolgte, jedenfalls sind mir bis heute einige Szenen noch gegenwärtig. Nur zur Ergänzung: Im Film geht es um das Schicksal eines Jagdhundes, der sich zwischen einem Jäger und einem Wilderer, die ihn beide besitzen wollen, entscheiden muss.

Der Bahnhof selbst ist mir weniger in Erinnerung, eher die kleine, schnaufende Lok mit ihrem oben breiter werdendem Schornstein und den kleinen kurzen Personenwagen, wenn sie sich pfeifend der Station näherte. Kaum hörte ich sie von Weitem herankeuchen, kletterte ich den Bahndamm hinauf, um sie mir ganz dicht zu besehen.  Ein Stück links neben der Bahnstation befand sich ein Tunnel durch den Bahndamm. Dahinter breiteten sich weite Wiesen aus, auf denen zur Osterzeit gelbe Narzissen wild wuchsen. Da habe ich dann einen Strauß gepflückt und stolz nach Hause gebracht.

Dieter Kermas  - N.a.T. SchmetterlingeIch erinnere mich auch noch gut an die Tage, als Vater im Sommer des letzten Jahres zu Besuch kam. Da gingen wir Schmetterlinge fangen. Mutter hatte ein Schmetterlingsnetz genäht, welches Vater an einem Stock befestigte.  Die ersten Exemplare kamen reichlich lädiert und wenig fachmännisch präpariert in einen extra dafür angeschafften Schmetterlingskasten. Auf unsere Fangversuche wurde auch ein Lehrer aus Neustadt aufmerksam, der mir dann seine eigene Sammlung zeigte, und mir die Grundbegriffe des Präparierens beibrachte.

In diese Zeit fiel auch der Besuch von Tante Else mit Sprössling Jörn. Der Altersunterschied von zwei Jahren ist in diesem Alter gravierender als man denkt. So geschah es, dass ich gerade vom Spielen kam, und Oma Toni mit Jörn in meinem Zimmer, wo ich meine Sachen aufbewahrte, stehen sah.  Fassungslos musste ich zusehen, wie Oma Toni auf den Schrank griff, meinen großen Lieblingsteddy herunterholte und Jörn mit den Worten schenkte: » Dieter ist ja schon ein großer Junge, der braucht keinen Teddy mehr.« Wie sehr sie sich da aber irrte! Meine Einwände hatten keinen Erfolg. Diese Tat trug ich Oma noch jahrelang nach.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

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