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German short stories

Häuptling Fliegender Bär ( 4. und letzter Teil)

January 25, 2015 by Dieter Kermas Leave a Comment

Lewis_and_clark-expedition

HÄUPTLING FLIEGENDER BÄR – (FORTSETZUNG)

(Eine Kurzgeschichte aus der Nachkriegszeit von Dieter Kermas)
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(…) Meine Nerz- beziehungsweise Wieselausstattung hatte Manfred augenscheinlich sehr beeindruckt. Anders kann ich mir die folgende Geschichte nicht erklären.
Einige Tage später trafen wir uns in unserer Höhle. Adlerauge zeigte uns voller Stolz sein Stirnband. Am Hinterkopf steckten drei schwarz-weiße Federn und im Band waren etwa vier Zentimeter lange Stücke der Stachelschweinborste eingesteckt. Wir fanden, dass es sehr echt aussähe, und lobten Adlerauge dafür.

Die Zeit verging, nur Gebrochener Pfeil ließ sich nicht blicken. Müdes Pferd erbot sich nach dem Rechten zu sehen und schickte sich an, die Höhle zu verlassen. Gerade hatte er den Kopf aus dem Loch gesteckt, als er uns zurief:
„Gebrochener Pfeil kommt gerade über den Schuttberg.“
Kaum hatte Gebrochener Pfeil Platz genommen, als Heulender Wolf laut rief: „Tapfere Krieger vom Stamm der Irokesen, Gebrochener Pfeil hat einen Hundesohn von Huronen in die ewige Jagdgründe geschickt!“ Bei den letzten Worten zeigte er auf den Gürtel von Gebrochener Pfeil. Jetzt sahen auch wir, dass am Gürtel ein echter Skalp baumelte.
„Ist der echt?“ flüsterte Müdes Pferd. „Wo hast du den erbeutet, rede schon,“ bedrängte ich ihn. Gebrochener Pfeil druckste noch etwas herum und begann dann zu berichten.

„Ihr kennt doch meinen Onkel, den Schneider Wessolek. Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, trägt er eine Perücke. Wenn es ihm im Sommer in seiner kleinen Werkstatt zu heiß wird, dann nimmt er kurz die Perücke ab und trocknet sich seine Glatze ab. Als ich vorgestern bei ihm in der Werkstatt eine Hose zum Ändern brachte, entdeckte ich in einem Regal weit hinten eine zweite Perücke. Heute, als ich die Hose abholte, ging er kurz nach hinten, um seinen pfeifenden Wasserkessel vom Herd zu nehmen. Das nutzte ich aus, schnappte mir die Perücke und stopfte sie unter mein Hemd. Er hat es Gott sei Dank nicht mitbekommen.“ Heulender Wolf sagte anerkennend: „ Der Mottenfiffi sieht wirklich Klasse aus. Wenn wir auf einen anderen Stamm treffen, werden denen die Augen aus dem Kopf fallen, garantiert.“

Heulender Wolf hatte Tage später von einem Verwandten einen schönen buschigen Fuchsschwanz geschenkt bekommen. Diesen hatte er hinten am Gürtel befestigt und betonte immer wieder, dass es kein Fuchsschwanz, sonder der Schwanz von einem Wolf wäre, den er erlegt hätte. Das Katschi, das aus seiner Hosentasche lugte war für einen Irokesen nicht ganz stilecht. Von seinem, aus einer Astgabel gebasteltem, Katapult trennte er sich jedoch nur ungern. Ich hatte mir meine Nerze umgebammelt und vollen Federschmuck angelegt.
Wir waren also alle gut und malerisch ausgestattet und wollten nun die Reaktion auf unser Aussehen bei den anderen Stämme herausfinden.

Am folgenden Dienstag trafen wir uns an der Haupt-Ecke Sponholzstraße. Dort begann das Gebiet der Huronen. Ihr Häuptling Tapferer Bär war bekannt, dass er gerne Streit suchte. Darauf waren wir nicht aus, zumal der Huronenstamm zwölf Krieger zählte.
Wir waren kaum über ein Ruinengrundstück Richtung Ceciliengärten gelaufen, als uns einige Pfeile um die Ohren flogen. Ein Glück trafen sie nicht. „Was wollt ihr feigen Kojoten in unseren Jagdgründen?“ hörten wir eine Stimme fragen. „Wir kommen in friedlicher Absicht,“ rief ich zurück und fügte hinzu „Wenn er ein mutiger Krieger ist, dann zeige er sich und verstecke sich nicht.“ Hinter dem dicken Stamm einer Kastanie trat sogleich der Häuptling Tapferer Bär hervor. Seinen Namen hatte er sich wohl deshalb ausgedacht, weil er einen alten Innenpelz aus braunem Schaffell trug. Diesen Pelz trug er mit der Fellseite nach außen. „Wie heißt euer Stamm und wer ist ihr Anführer?“ fragte er mit bewusst lauter Stimme. Ich trat einen Schritt vor und erklärte ihm, dass wir Irokesen sind und ich sei der Häuptling Flinkes Wiesel. „Ha, wie ich höre hast du sicher den Namen zu Recht und entziehst dich einem Kampf lieber durch flinke Flucht,“ höhnte er. „Ganz gewiss nicht,“ erwiderte ich, „aber wir suchen keinen Streit und möchten nur friedlich euer Gebiet durchqueren. „Habe ich mir doch gedacht,“ lästerte er weiter, „den Häuptling der Irokesen hat Manitou mit Feigheit geschlagen. Hat er den Mut sich im Zweikampf mit mir dem Tapferen Bären zu messen?“
Ich überlegte kurz. Tapferer Bär war etwas älter, dicker und sicher auch kräftiger. Würde ich mich mit ihm schlagen müssen, zöge ich den Kürzeren. Mir kam jedoch ein listiger Gedanke.
„Wie du weißt, können Bären und Wiesel gut klettern. Nun wollen wir sehen, wer am Schnellsten und am Höchsten klettert.“ schlug ich vor. Da ich den Vorschlag gemacht hatte, wollte er vor seinen Kriegern keinen Rückzug machen und willigte nach kurzem Zögern ein.

Zwei annähernd gleichgroße Kastanienbäume auf einem nahen Ruinengrundstück waren für den Wettkampf schnell gefunden. Wir stellten uns an die Bäume. Da die untersten Äste etwas zu hoch für uns ansetzten, musste jeder auf die Schulter eines Kameraden steigen, um den ersten Ast zu erreichen. Unter markerschütternden Schreien unserer und seiner Krieger stiegen wir Ast um Ast immer höher. Aus den Augenwinkeln belauerten wir uns beide. Dank seiner kräftigen Arme kam Tapferer Bär anfangs recht schnell voran und überholte mich. Das Triumphgeschrei seiner Mannschaft spornte ihn noch mehr an. Jetzt hatten wir das letzte Drittel des Baumes erreicht. Die Äste wurden dünner und mein Gegner stieg merklich vorsichtiger weiter. Nun kam meine Chance, weil ich leichter war. Ohne große Hast zog ich mich Ast um Ast höher. Der Stamm war hier schon recht dünn und schwankte bedenklich unter meinem leichten Gewicht. Doch Tapferer Bär wollte sich vor seinen Kriegern nicht blamieren und versuchte ebenfalls so hoch zu klettern. Ich hielt bereits Ausschau nach einer weiteren Möglichkeit höher zu steigen, als ein knackendes Geräusch mich herumfahren ließ.

Mir stockte wirklich der Atem, als ich sah wie der Tapfere Bär, mit den Armen hilflos rudernd, in die Tiefe sauste. Sein Bärenfell verfing sich beim Fallen an einem Aststummel, sodass Tapferer Bär kurz gestoppt wurde. Doch dann rutschte er aus dem Fell und fiel weiter nach unten. Das braune Schaffell hing malerisch im Baumwipfel und unsere Krieger krümmten sich vor Lachen. Doch bevor er auf den Boden aufschlug, hielt ein dicker Ast seinen Fall auf. Nun hing er wie eine gekochte Nudel über dem Ast und rührte sich nicht.
Atemlose Stille unter den Zuschauern. „Da drüben liegt ein großes Fass,“ rief ich, „holt es und versucht ihn damit zu erreichen.“ Einige Jungen stürzten los und rollten das leere Benzinfass unter den Baum. Sie stellten es auf und ein Junge kletterte hinauf. Er konnte die Beine von Tapferer Bär fassen und versuchte ihn vom Ast zu ziehen. In diesem Moment regte sich der Tapfere Bär und begann sich selbst aus der misslichen Lage zu befreien.

Vorsichtig halfen wir ihn vom Fass auf den Boden. Eine tiefe Schramme lief über seine Stirn und die Hände bluteten heftig. Er japste nach Luft. Vermutlich hatte er sich auch seine Rippen geprellt. Beide Parteien opferten ihre Taschentücher, verbanden damit seine Hände und tupften seine Stirn ab. Kaum dass er wieder atmen konnte, sagte er schnaufend: „Du hast gewonnen, begraben wir das Kriegsbeil.“ Ganz so leicht wollte ich ihn aber dennoch nicht davonkommen lassen und wandte mich an seine Krieger mit den Worten: „Es ist keine Schande, wenn der Tapfere Bär wie eine reife Pflaume vom Baum fällt, aber ich denke, dass ab heute sein Name „Fliegender Bär“ sein sollte.“
Der so umgetaufte Häuptling wollte protestieren, ergab sich dann in sein Schicksal und meinte grinsend: „Diesen Namen gab es sicher noch nie und ich werde ihn mit Stolz tragen. Hugh, ich habe gesprochen.“ Seine Worte wurden vom Zustimmungsgeheul seines Stammes begleitet. Indessen hatte einer seiner Krieger das Schaffell vom Baum geholt und legte es dem Häuptling um die Schultern.
„So, nun müssen wir nach alter Indianersitte die Friedenspfeife rauchen,“ schlug ich vor.
„Einverstanden,“ stimmte Fliegender Bär zu. Heulender Wolf wurde angewiesen entsprechendes Material zu holen. Ich flüsterte ihm ins Ohr, dass er in der Hähnelstraße neben dem Haus 14 an der Hauswand Wilden Wein finden würde, den wir nun benötigten.
Er nickte und sauste los. Nach etwa zwanzig Minuten kehrte er zurück und breitete auf dem Benzinfass eine Handvoll trockener Stängel vom Wilden Wein aus. Wir, die Häuptlinge stellten uns neben das Fass und suchten uns jeder einen schönen dicken Stängel aus.
Wie wir alle wussten, waren die Stängel innen hohl. Angezündet konnte man sie fast wie eine Zigarette rauchen. Das „fast“ betraf den beißenden Rauch, der uns alsbald hustend und nach Luft ringend die Zeremonie abbrechen ließ. Zufrieden über das friedliche Ende der Stammesfehde reichten wir uns die Hände und beschlossen ab heute gemeinsam gegen die anderen Indianerstämme zu kämpfen.

*****

Das freie Indianerdasein ist nur solange lustig, solange Manitou schützend seine Hand über seine Krieger hält. Bald beschlich mich das Gefühl, dass Manitou eingeschlafen war, oder uns nicht mehr seiner für würdig erachtete.
Gebrochener Pfeil ereilte als Erster ein herbes Schicksal.
Schneidermeister Wessolek wollte seine Alltagsperücke zur Reinigung und Aufarbeitung geben. Da er ohne Haupthaar jedoch seinen Laden nicht verlassen wollte, suchte er im bewussten Regal nach seiner Zweitperücke. Er und seine zur Hilfe herbeigeeilte Frau suchten und suchten, doch vergebens. Zuerst wurde Mohrchen, die dicke Hauskatze verdächtigt.
„Vielleicht hat die Katze deine Perücke weggeschleppt, um ihre Jungen darin großzuziehen.“ mutmaßte seine Frau. „Hör auf, so einen Blödsinn zu reden“, schnaubte ihr Mann. „Die ist in Menschenalter gerechnet so alt wie du mit deinen sechzig Jahren. Du bekommst doch auch keine Kinder mehr, oder?“
Das Manitou in diesem Moment gepennt hat, war sonnenklar. Gebrochener Pfeil wollte just an diesem Tag sein Leihskalp wieder zurückbringen. Herr und Frau Wessolek hatten ihre Suche auf die hinteren Räume ausgedehnt. Gebrochener Pfeil rief: „Ich bin es, Manfred und wollte nur fragen, ob Peter heute hier war.“ „Nein, war er nicht,“ klang die mürrische Antwort. Flink holte Gebrochener Pfeil den Haarersatz unter dem Hemd hervor und legte ihn ins Regal. Da trat Herr Wessolek in den Raum, blickte noch einmal verzweifelt auf die Stelle im Regal, wo sonst seine Perücke lag und erstarrte. Man sollte nicht glauben, wie schnell ein so alter Mann den Zusammenhang erkannte. „Du verdammter Lausebengel, dir werd ich helfen, meine Perücke zu klauen. Was hast du dir dabei gedacht? Deine Eltern werden sich wegen dieser Geschichte sicher sehr eindringlich mit dir befassen,“ drohte der Mann.
Alles Bitten und Betteln von Gebrochener Pfeil half nichts. Als er abends so spät wie nur möglich nach Hause schlich, erwartete ihn ein gehöriges Donnerwetter und vom Vater bekam er einen erzieherischen Katzenkopf, eine hinter die Ohren.
Als er uns von seinem Schicksal erzählte, dachte ich sofort an Mutters Nerze, die immer noch im Brotbeutel ganz hinten, unten im Wäscheschrank versteckt lagen.

An einem Sonnabend hatte ich wieder zu einem Kriegsrat einberufen. Hier wollte ich noch einmal in voller Indianermontur erscheinen. Mit dem Brotbeutel verließ ich die Wohnung, zog mich, wie immer im Hausflur in der Wielandstraße 43 um und eilte zu unserer Höhle auf dem Ruinengrundstück. Wie wir selbstkritisch feststellten, hatte unser Indianerspiel an Schwung verloren. Mit irgendeiner Ausrede fehlte mal Adlerauge, dann wieder mal Müdes Pferd und so weiter. Unsere neuen Helden hießen Tom Prox und Jerry Cotton.
Es gab eine kurze Diskussion, dann stimmten wir ab. Die Mehrheit war für die Auflösung unseres Stammes.  „Okay,“ schloss ich die Versammlung, mit einem der von den Amis aufgeschnappten Worte und unseren Stamm gab es ab diesem Tag nicht mehr.

Auf dem Rückweg zum Hausflur, wo ich wieder die Fellbündel in den Brotbeutel stecken wollte, schaute Manitou wieder weg. Ein mit uns befreundetes Ehepaar kam um die Ecke der Hauptstraße gebogen und entdeckte mich. Es war zu spät, die Viecher vom Hals zu reißen, um sie in den Beutel zu stopfen und auch zu spät, um sich unsichtbar zu machen.
Sie starrten auf die Nerze und Frau Roggentin fragte sichtlich verblüfft: „Die hat dir deine Mutter erlaubt mit zum Spielen zu nehmen?“ „Nein,“ beichtete ich wahrheitsgemäß, „ich habe sie mir nur für heute heimlich ausgeliehen.“ „Na dann sieh mal ganz schnell zu, dass du sie wieder zurücklegst,“ entschärfte Herr Roggentin die Lage, wofür ich ihm wirklich dankbar war. „Wir werden es deiner Mutter nicht sagen,“ bekräftigte Frau Roggentin lächelnd.
Ich wollte bereits mit einem tiefen Aufatmen in den Hausflur flüchten, als mich eine Stimme erstarren ließ. „Ich sehe wohl nicht richtig,“ hörte ich hinter meinem Rücken die unverkennbare Stimme meiner Mutter. Sie hatte sofort die Situation erkannt und befahl mit bebender Stimme: „Ich muss noch einkaufen gehen und du gehst schnurstracks nach Hause. Das Weitere wird sich finden.“
Das Weitere fand sich, nachdem sie vom Einkauf zurückgekommen war. Als ich mich noch nach Indianerart tapfer verteidigte, beendete eine Knallschote, wie bei uns die Backpfeife hieß, die Strafpredigt.
Vater nahm die Sache nicht so tragisch. Als ich beichtete, dass eines der Glasaugen beim Spielen verloren gegangen war, ersetzte er es stillschweigend durch ein Teddyauge. Das war zwar sichtlich größer, aber Mutter hat es nie bemerkt.

Unsere Welt der Indianer war untergegangen und wir verschlangen die Geschichten unserer neuen Helden. Die Schmöker liehen wir uns wiederum aus der Bücherei des alten Mannes.
Ich sah uns bereits als Detektive oder Revolverhelden mit umgeschnallten Zündplätzchencolts die Gegend nach neuen Abenteuern durchstreifen.

(Ende der Kurzgeschichte  “Häuptling Fliegender Bär” – End of the Story “Häuptling Fliegender Bär”)

*****

© Dieter Kermas

Image: ‘Lewis and Clark on the Lower Columbia’, Gemälde aus dem Jahr 1905 von Charles Marion Russell

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Mauerspecht - März 1990,©Dieter Kermas
Mauerspecht – März 1990,©Dieter Kermas

Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.

Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.

To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas” to: californiagermans@gmail.com

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Filed Under: Lese-Ecke Tagged With: Deutsche Kurzgeschichte, Dieter Kermas, German short stories

Häuptling Fliegender Bär – (3.Teil)

January 18, 2015 by Dieter Kermas 1 Comment

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HÄUPTLING FLIEGENDER BÄR – (FORTSETZUNG)

(Eine Kurzgeschichte aus der Nachkriegszeit von Dieter Kermas)

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(…) Am nächsten Tag suchte ich mir alles zusammen, was ich mir für die Ausstattung eines roten Kriegers vorstellte.

Der Kopfschmuck war sicher eines Häuptling würdig. Ein Stirnband mit vielen Gänsefedern zierte mein Haupt. Ein Tomahawk aus Holz und eine Messer, komplett aus einer Hirschgeweihstange gebastelt, steckten im Gürtel. Nur mit der Bekleidung stand es nicht zum Besten. Zuerst wollte ich meine geerbten, ledernen Bayerischen Seppelhosen anziehen. Doch als ich mich mit Federschmuck und Tomahawk im Ankleidespiegel betrachtete, war mir klar, das geht nicht.
Nun suchte ich mir eine kurze Hose und ein verwaschenes Hemd mit Karomuster aus. Zur Not musste das für die heutige Zusammenkunft reichen.
Doch dann kam die entscheidende Ergänzung meiner Ausstattung. Die Nerze mussten meinen Namen „Flinkes Wiesel“ bestätigen. „Flinker Nerz“ hörte sich nicht so gut an und mir gefiel„ Flinkes Wiesel“ auch viel besser.
Ich holte meinen Brotbeutel mit dem Pelzgetier und wollte gerade die Wohnungstür eilig hinter mir zuziehen, als Mutter in den Flur kam und fragte „Bist du mit den Schularbeiten fertig?“ Dabei fiel ihr Blick auf den Brotbeutel und mir das Herz in die Hose.
So beeilte ich mich zu sagen, dass ich die Hausaufgaben erledigt habe. Ehe vielleicht die nächste Frage den Beutel betraf, huschte ich aus der Tür und rannte die Treppen hinunter.
Glücklicherweise sah keiner meiner roten Brüder, wie ich die Flucht vor einer Squaw ergriff.

Erst als ich in der Wielandstraße angekommen war, schlich ich in den Hausflur von Nr. 43, zerrte die Nerze aus dem Beutel und legte sie mir um die Schultern.
Kaum war ich auf der Straße, um mich zum Treffpunkt zu begeben, als ein älteres Paar auf mich zukam. Die Frau zeigte sofort auf mich und schüttelte fassungslos den Kopf, währen der Mann sein Gesicht zu einem belustigten Grinsen verzog. Gut, ich gebe ja zu, dass mein Aussehen nicht als normal zu bezeichnen war. Kurze Hosen, Federn auf dem Kopf und Mutters Sonntagsraubtiere um den Hals. Ein Bild für die Götter.

Mit den Worten „Ick werd verrückt, aber det sieht knorke aus,“ begrüßte mich Klaus . Die anderen Stammesbrüder blickten etwas neidvoll auf meine Jagdbeute und fanden den Namen „Flinkes Wiesel“ als absolut passend gewählt.
„Und das hat deine Mutter dir gestattet?“ fragte überflüssigerweise „Müdes Pferd“. Ich blieb ihm die Antwort schuldig.
Wir zogen uns in unser Wigwam auf dem Ruinengrundstück in der Hauptstraße Nr.87 zurück. Die Ruinen zwischen der Sponholzstraße und der Hauptstraße waren 1948 noch nicht gesprengt und abgeräumt.
Dort hatten wir ein tiefes Loch im Hof mit zwei Blechtüren abgedeckt und aus Ziegelsteinen bankähnliche Sitzgelegenheiten aufgeschichtet. Für den Einstieg schoben wir eine Blechtür zur Seite, stiegen hinunter und zogen die Tür wieder an die alte Stelle. So konnte uns niemand so leicht entdecken.
Die Beleuchtung bestand aus Kerzen, die wir von zu Hause gemaust hatten.
Adlerauge berichtete von einem Indianer –Schmöker, auf dessen Umschlag der Held einen Lederanzug trug. Im Text hatte er gelesen, dass dieser Anzug mit den Borsten eines Stachelschweines verziert war. Adlerauge fand die Ausschmückung mit den schwarz-weißen Stacheln so klasse, dass er bereits einen Schlachtplan hatte, wie und wo wir uns diese besorgen könnten. „Wo denn?“ fragte „Heulender Wolf“, im Grunewald habe ich noch kein Stachelschwein gesehen!“ „Blödmann“, erwiderte Adlerauge und sagte nur drei Worte,
„Aus dem Zoo!“ „Uff“, det is ne jute Idee“, kommentierte Gebrochener Pfeil die Lösung.
„Wenn wir da alle Mann hingehen, das fällt sicher auf,“ gab ich zu bedenken.
„Als Häuptling musst du aber unbedingt dabei sein“, verlangte Adlerauge.
„Zu zweit fällt es am Wenigsten auf“, meinte Müdes Pferd und war wohl froh, dass er nicht mitgehen musste.
„Am Wochenende ist da aber viel zu viel Betrieb“, gab ich zu bedenken. „Wir haben Ferien und du kannst mit Adlerauge doch gleich morgen am Mittwoch gehen,“ schlug Gebrochener Pfeil vor. Der Vorschlag wurde einstimmig für gut befunden und wir trennten uns. Vorher jedoch verabredete ich mich mit Adlerauge um acht Uhr. Wir wollten sehr früh in den Zoo, damit wir möglichst wenigen Besuchern begegneten.
Bevor ich unsere Höhle verließ, steckte ich die Pelztiere wieder zurück in den Beutel.

*****

Adlerauge war erstaunlich pünktlich und vom Innsbrucker Platz fuhren über Westkreuz bis zum Bahnhof Zoologischer Garten. Wir kannten uns gut aus im Zoo und nach fünf Minuten standen wir am Gehege der Stachelschweine. Das Gelände der Stachelschweine lag etwa einen Meter tiefer als der Weg und nur eine niedrige Mauer trennte uns von den Tieren. Die davor verlaufende Absperrung durch eine etwa dreißig Zentimeter über den Boden verlaufende Eisenstange konnte uns nicht abhalten. „So, nun los“, forderte ich Adlerauge auf. Beeile dich, im Moment ist die Luft rein.“ Doch da verließ ihn der Mut und er sagte „Ich trau mich nicht, mach du das!“ Also gut dachte ich, stieg über die Absperrung und beugte mich über die kleine Mauer. Wir wussten von früheren Zoobesuchen, dass Stachelschweine gerne Äpfel fraßen. Daran hatte ich gedacht und holte einen kleinen Apfel aus der Hosentasche. Zwei Stachelschweine waren ganz dicht unter mir an der Mauer und wärmten sich in der Sonne. Dann warf ich den Apfel vorsichtig genau zwischen die Beiden. Sie fuhren erschreckt auseinander, kamen aber sofort neugierig zurück. Das größere Schwein begann am Apfel zu knabbern. Das war die Gelegenheit für mich. „Peter, halt mich am Gürtel fest, damit ich nicht im Gehege lande,“ rief ich ihm zu. So abgesichert beugte ich mich so weit nach unten, bis meine Hand kurz über den Stacheln schwebte. Dan packte ich zu und hielt einen der großen Stacheln fest umklammert. Das Stachelschwein knurrte, schnaufte und versuchte sich loszureißen. Was hatte das kleine Tier für eine Kraft. Ein Glück, das mich Peter festhielt. Mit einem Ruck befreite sich der Stachler und floh wackelnd in seine Höhle. Dort blieb er im Eingang stecken und zeigte uns seine stachelbewehrte Kehrseite. Triumphierende hielt ich einen der wunderschönen schwarz-weißen Stacheln in der Hand.

Nun aber so schnell wie möglich weg vom Tatort, dachte ich und reichte Adlerauge die etwa dreißig Zentimeter lange Beute.
Er steckte den Stachel blitzschnell unter sein Hemd und bedankte sich bei mir. „Schon gut“, wehrte ich ab und war heilfroh nicht erwischt worden zu sein.
Ehe wir den Ort verließen, las ich neugierig das Schild, welches Auskunft über das Leben der Stachelschweine gab.
Ich las: Stachelschweine gehören zu den Nagetieren und kommen in Afrika und Asien vor.
Sie ernähren sich von pflanzlicher Nahrung ……
„Also nicht in Nordamerika?“ ging es mir durch den Kopf. Dann war die Beschreibung mit der Stachelschweinverzierung des Indianer-Anzuges reine Fantasie.
Wir beeilten uns den Zoo zu verlassen und unterhielten uns auf dem Rückweg noch aufgeregt über den Erfolg.

Erst viele Jahre später las ich, dass es Baumstachler in Nordamerika und Alaska gibt. Diese haben aber nur dünne kurze Stacheln. Vielleicht hatte man damit die Mokassins der Indianer verziert. Sicher hatte der Autor der Indianergeschichte diese Borsten gemeint und wir hatten ein armes Afrika – Stachelschwein geschändet.
*****

(Fortsetzung folgt nächste Woche – Story continues next week)

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© Dieter Kermas

Image: ‘Lewis and Clark on the Lower Columbia’, Gemälde aus dem Jahr 1905 von Charles Marion Russell

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Mauerspecht - März 1990,©Dieter Kermas
Mauerspecht – März 1990,©Dieter Kermas

Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.

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Häuptling Fliegender Bär (2.Teil)

January 11, 2015 by Dieter Kermas 1 Comment

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Häuptling Fliegender Bär  – (Fortsetzung)

(Eine Kurzgeschichte aus der Nachkriegszeit von Dieter Kermas)

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(….) Bald darauf schaukelte uns die S-Bahn auf ausgefahrenen Schienen zurück nach Friedenau.
Auf der Rückfahrt überlegten wir, wie unsere Kleidung aussehen sollte.
Eifrig suchten wir in den Texten nach Hinweisen. Als wir dann lasen, dass die Kleidung von Winnetou aus weich gegerbtem Hirschleder war, mussten wir uns Alternativen ausdenken.
Günter hatte es gut, weil seine Mutter Schneiderin war. Einige Tage nach unserer Stammesgründung erschien er zum Kriegsrat in voller Indianermontur.
Die Beine seiner alten, kurzen Hose waren durch bunte Bänder verziert, von seinem verwaschenem Hemd hatte die Mutter die Ärmel abgetrennt und die Ärmelöffnungen mit farbigen Kordeln geschmückt. Ein breiter Ledergürtel, der früher sicher einen Ledermantel zusammengehalten hatte, wand sich um seine magere Hüfte. Im Gürtel steckte so etwas wie ein Kriegsbeil aus Holz und eine Zündplätzchenpistole. Seinen Kopf zierte ein breites blaues Band mit einer einzigen weißen Feder am Hinterkopf.
„Uff“, ließ sich Peter vernehmen, „sieht Klasse aus. Da werden wir uns mächtig anstrengen müssen, um mithalten zu können.“ Günter strahlte und fuchtelte wild mit seinem Beil in der Luft umher.

Der heutige Kriegsrat war einberufen worden, weil wir noch keine indianische Namen hatten. Jeder sollte sich zuerst einen Wunschnamen ausdenken. Sollte er auf allgemeine Zustimmung stoßen, so war er angenommen. Manfred wollte sich „Schneller Pfeil“ nennen.
„Ne, halte ich nicht für gut,“ meckerte Klaus. „Könnt ihr euch noch erinnern, als wir mit unseren Flitzebögen Zielschießen gemacht haben? Jeder zweite Pfeil ist bei Manfred bereits vor dem Abschuss zerbrochen. Ich stimme für den Namen„ Gebrochener Pfeil.“
Nach einigem Zögern nickte Manfred und war einverstanden. Klaus entschied sich für „Heulender Wolf“, Peter wollte sich ab sofort „Adlerauge“ nennen. Das stieß auf lautes Gelächter und Klaus rief „Habt ihr schon mal ´nen Adler mit Nickelbrille gesehen? Wie wäre es denn mit „Schielender Büffel“? Als er jedoch sah, dass Peter mit den Tränen kämpfte, beruhigte er ihn sofort mit den Worten. „´Tschuldige bitte, war nicht so gemeint. Adlerauge ist schon in Ordnung,“ und wir akzeptierten den Namen. Günter wollte unbedingt „Rasendes Pferd“ heißen. Wieder war es unsere Spottdrossel Klaus, der seinen Senf dazugeben musste. „So langsam, wie du dich beim Spielen bewegst, kannst du niemals so heißen. Was hältst du von „Müdes Pferd“?.“
„Ja, meinetwegen“, murmelte Günter. Nun war es an mir, einen Namen zu nennen. Ich hatte mir im Voraus einige Namen ausgedacht. „Wie wäre es mit „Grollender Donner“? Fragte ich in die Runde. Da vernahm ich bereits Klaus Stimme: „ Weiß nicht, das hört sich an wie Donner von Kanonen. Das passt nicht.“ Mein zweiter Namensvorschlag wurde angenommen und ab sofort hieß ich „Flinkes Wiesel.“
„Nun haben wir unsere Namen, aber noch keinen Häuptling und auch keinen Medizinmann,“ bemerkte Günter. Heute, viele Jahre später, fällt mir auf, dass keiner von uns auf die Idee kam, einige Squaws unserem Stamm hinzuzufügen. Wir waren eben noch nicht so weit.
„Ehe wir uns schlagen, um zu sehen, wer der Stärkste ist, schlage ich vor zu losen,“ meinte Peter. Wir waren einverstanden.
Zu dieser Zeit wurden die Vorderseiten von Zigarettenschachteln gesammelt und getauscht.

Peter hatte seine Sammlung dabei und wir nahmen eine Schachtel, teilten sie in fünf Stücke, schrieben drei Mal Krieger, einmal Medizinmann und einmal Häuptling auf. Die gefalteten Papierschnipsel nahm Klaus in seine holen Hände, schüttelte sie kräftig und wir zogen unser Los. Peter zog einen Krieger, Manfred ebenfalls, Günter ließ ein täuschend echtes Indianergeheul vernehmen, als er Medizinmann zog. Klaus hielt mir seine offenen Hände entgegen und forderte mich grinsend auf „Nun zieh schon den Häuptling.“
Ich öffnete mein Los und sein Grinsen war wie weggewischt. Ich las Häuptling und für ihn blieb nur der dritte Krieger.
Schnell hatte er seine Enttäuschung überwunden und suchte nach einem neuen Opfer für seinen Spott. „Eh, Günter, kann dir deine Mutter nicht lange Hosen machen?“
Arglos erwiderte Günter „Da muss ich mal fragen, vielleicht macht sie das für mich.“
„Wäre sicher gut für uns, wenn die feindlichen Krieger nicht deine dünnen O-Beinchen sehen müssten,“ hänselte er unsensibel wie immer und steigerte sich mit „aber zum Reiten sollen O-Beine ja vorteilhaft sein“. Schon schossen Günter wieder die Tränen in die Augen und Peter gab Klaus einen Stoß vor die Brust und meinte „Du bist ein Idiot!“
Dann fragte mich Heulender Wolf: „Wie bist du denn auf Flinkes Wiesel gekommen?
„Da muss du dich noch bis morgen gedulden,“ vertröstete ich ihn. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag um vier Uhr. Jeder sollte mit möglichst kompletter Indianerkleidung erscheinen.

*****

Kaum zu Hause angekommen wartete ich ab, bis Mutter in der Küche das Abendbrot vorbereitete. Ich schlich zum großen Kleiderschrank, der im Schlafzimmer stand. Oben war ein Fach, wo sich Hüte, Schals und auch ein schwarzer Karton befanden, nachdem ich trachtete. Damit ich an das obere Fach herankam, benutzte ich eine Fußbank. Schnell hob ich den Deckel des Kartons ab und zerrte heftig an meiner Beute. Es waren zwei Nerzpelze, komplett mit Köpfen, die am hinteren Ende zusammengenäht waren. Vorne wurden sie durch eine Kette mit Verschluss verbunden. Mutter legte sie sich zu besonderen Festtagen um. Das war damals eben die Mode. Dann baumelten hinten die Hinterbeine und die mageren Schwänzchen, während vorne die beiden Nerze mit Glasaugen den Betrachter anklagend anstarrten.
Für den Abtransport hatte ich mir meinen Brotbeutel, den ich von einem US-Soldaten geschenkt bekommen hatte, mitgebracht. Die Fußbank wurde wieder verstaut und der Brotbeutel ganz hinten im Wäscheschrank versteckt. Etwas mulmig war mir doch. Wenn Mutter die Nerze in den nächsten Tagen ausführen wollte, dann gnade mir Gott.

(Fortsetzung folgt nächste Woche – Story continues next week)

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© Dieter Kermas

Image: ‘Lewis and Clark on the Lower Columbia’, Gemälde aus dem Jahr 1905 von Charles Marion Russell———————————————————————————————————————––-

Mauerspecht - März 1990,©Dieter Kermas
Mauerspecht – März 1990,©Dieter Kermas

Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.

Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.

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Häuptling Fliegender Bär (1.Teil)

January 4, 2015 by Dieter Kermas 1 Comment

Lewis_and_clark-expedition

Häuptling Fliegender Bär

(Eine Kurzgeschichte aus der Nachkriegszeit von Dieter Kermas)
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Am frühen Morgen hatte Häuptling „Flinkes Wiesel“ die Ältesten vom Stamm der Irokesen zusammengerufen. Eine Weile saßen sie schweigend im Kreis, ehe der Häuptling zu reden begann.
„Meine roten Brüder, es droht Gefahr. „Gebrochener Pfeil“ hat einen Späher der Huronen gesehen, als er unser Lager beobachtete. Als sich dieser entdeckt sah, flüchtete der feige Hund. „Gebrochener Pfeil“ konnte jedoch noch sehen, dass der Hurone in voller Kriegsbemalung war. Sie sind auf dem Kriegspfad. Wir müssen damit rechnen, dass die Huronen in Kürze in unsere Jagdgründe eindringen. Wir werden das Kriegsbeil ausgraben, unsere Wigwams tapfer verteidigen und ihre Skalps werden unsere Gürtel zieren. Hugh, ich habe gesprochen.“
Da trat „Heulender Wolf“ an den Kreis der Krieger heran und bat ums Wort. „Rede“, sprach der Häuptling.
„Es ist Eile geboten. Die ersten Krieger der Huronen sind auf der Sponholzstraße Ecke Hauptstraße gesichtet worden.“ Unter den versammelten Irokesen wurde es unruhig.
„So nah sind sie bereits?, rief erschrocken „Müdes Pferd“.
„Ja, sie haben mindestens zwölf Krieger an der Straßenbahnhaltestelle versammelt“, ergänzte der „Heulende Wolf“.
„Gebrochener Pfeil“ soll umgehend die Lage erkunden und herausfinden, was die räudigen Hunde von Huronen im Sinn haben“, befahl „Flinkes Wiesel“.

Eine halbe Stunde später kehrte „Gebrochener Pfeil“ zurück und teilte beruhigend mit, dass die Irokesen-Horde Badesachen dabei haben und mit der Straßenbahn sicher zum Baden fahren. Die Kriegsbemalung wäre nur Sonnencreme gewesen, entschuldigte sich „Gebrochener Pfeil“. Ein Aufatmen der Erleichterung ging durch die Reihe der tapferen Krieger.
Das Kriegsbeil wurde wieder eingegraben und das angesetzte Schlagballspiel konnte auf der Wielandstraße beginnen.

*****

Karl Mays Indianergeschichten fielen bei uns auf fruchtbaren Boden. Wir versuchten, sie voller Hingabe nachzuerleben. Je genauer unsere Kleidung und unsere Ausrüstung den Beschreibungen entsprachen, desto mehr fühlten wir uns als echte Nachfahren der roten Krieger.
Da wir kein Geld hatten, um uns die teuren Karl May- Bücher kaufen zu können, liehen wir sie uns bei einem kleinen Buchladen. Ein netter alter Mann hatte bald nach dem Krieg in der Hauptstraße 76 das Geschäft eröffnet. In dieser Zeit hatte kaum jemand das Verlangen, sich ein Buch zu kaufen. Aus diesem Grund erweiterte er sein Angebot um einen Buchverleih. Bald bemerkte er, dass wir seine besten Kunden waren. Wir hatten den Eindruck, dass er nur für uns fast alle Karl May- Bücher vorrätig hielt. Ab und an reichte unser Taschengeld nicht einmal für die Leihgebühr. Wir konnten aber sicher sein, dass er dann sagte: „Na gut, dann kostet es eben heute nur drei Groschen.“

Sicher litten die Hausarbeiten unter unserer Leidenschaft und ein Kriegsrat, der dringend abgehalten werden musste, hatte absolut den Vorrang.
Allein in unserem kleinen Bezirk in Berlin Friedenau gab es vier Indianerstämme. Jeder Stamm beanspruchte mehrere Straßenzüge als sein Revier, besser gesagt als seine Jagdgründe. So tummelten sich zwischen der Bundesallee und der Rubensstraße blutrünstige Cherokees, Apachen, Sioux und wir, die Irokesen.
So ein Indianerstamm muss aber erst einmal gegründet werden.
*****

In den langen Sommerferien gingen wir baden, spielten Schlagball und dachten uns täglich neue Streiche aus. Verreisen war so kurz nach dem Krieg nur wenigen vergönnt.
Unsere feste Clique bestand aus Günter, Klaus, Peter, Manfred und mir.
Auf der Fahrt mit der S-Bahn vom Bahnhof Friedenau zum Strandbad Wannsee erzählte Manfred begeistert von seinem neuen Karl Mayband „Winnetou“. Besonders die Stelle, an der Nscho-tschi, Winnetous Schwester, von weißen Banditen ermordet wird, schien ihm nahe zu gehen.
„Nu heul mal nicht gleich“, ließ sich Klaus vernehmen. Beleidigt hörte Manfred auf zu erzählen, drehte sich um und schaute aus dem Fenster.
„Ist ja schon gut“, beruhigte ihn Peter und versuchte ihn mit den Worten: „Wer hat denn die Schwester umgebracht?“, Manfred zum Weitererzählen zu animieren. Es klappte und Manfred erzählte weiter von einigen Erlebnissen der Indianer aus dem Buch.
Ich hatte mir von Peter ein paar Tagen vorher das Buch „Der Schatz im Silbersee“ ausgeliehen und fand es mindestens so spannend wie Winnetou, das ich bereits gelesen hatte.
Günter piepste:„ Ich werde mir demnächst eine Indianerausrüstung von meiner Mutter nähen lassen. Ein paar Federn hat mir mein Onkel Paul von seinem Bauernhof bei Erkner mitgebracht. Wenn ich genug Federn zusammenhabe, mache ich mir einen Federschmuck und sehe dann aus wie ein Häuptling, uff!“
„Du mit deiner Größe, einen Kopf größer als ein Dackel, würdest nie Häuptling werden “, stichelte Klaus. „Mensch Klaus, du musst doch nicht immer so biestig zu deinen Freunden sein“, rügte ich ihn. „Is ja schon gut, ich meinte ja nur“, maulte Klaus.
Ehe wieder ein Gespräch aufkam, hielt die S-Bahn mit quietschenden Bremsen in Wannsee.
Auf dem Weg zum Kartenhäuschen schlug Günter plötzlich vor: „Wollen wir uns nicht alle eine Indianerkluft machen? Dann suchen wir uns einen passenden Indianerstamm aus und begeben uns auf den Kriegspfad.“ „Die Idee finde ich duffte“, stimmte Manfred zu und fuhr sofort fort „Wir sind dann Krieger der stolzen Apachen und alle anderen Stämme werden vor uns zittern.“ „Nee, das geht nicht“, wandte Günter ein, der sich wohl schon länger mit diesem Thema befasst hatte, „Apachen gibt es schon im Birkenwäldchen an der Lauterstraße. Wir müssen uns einen anderen Stamm aussuchen.“
In der Zwischenzeit hatten wir die obere Etage der Wannseeterrassen erreicht und hielten Ausschau nach einem geeigneten Platz am Strand. So weit das Auge reichte lagen die Besucher dicht an dicht wie die Robben auf einer Sandbank. So beschlossen wir, zu unserem Stammplatz ganz links zu gehen. Dort standen ein paar Weiden. Wenn wir genug getobt hatten und die Sonne unser Fell bereits angesengt hatte, zogen wir uns in deren Schatten zurück.
So lagen wir auf unseren Decken, nuckelten an einer Brause oder leckten ein Eis.
„Ja, was denn nun“, begann Günter erneut, „Welcher Stamm soll es nun werden?“
„Wie wäre es mit den Mohawks?“, schlug Manfred vor. „Nee, geht nicht. Von denen weiß man kaum etwas und wie sollten wir dann wissen, wie die gelebt haben“, schmetterte Peter den Vorschlag ab. Sioux, Cherokees, Delawares, Iowas, Schoschonen und Huronen wurden genannt und wieder verworfen. Entweder wussten wir zu wenig von ihnen oder es gab bereits einen Indianerstamm mit diesen Namen in Friedenau. Es war der kleine Günter, der den Stamm der Irokesen ins Spiel brachte. „Klasse, ließ sich Manfred vernehmen,“ die sind besonders gefürchtet und echt blutrünstig.“
Wir stimmten ab und der Stamm der Irokesen war geboren.
Nur Peter mäkelte noch etwas wie „die haben aber so doofe Frisuren, nur so ´n kleines Büschel Haare auf der Glatze.“
„Musst du dir ja nicht gleich zulegen“, stichelte Klaus.
Die Irokesen hatten nun neue Jagdgründe in Friedenau gefunden. Seit heute lag unser Stammesgebiet zwischen der Wieland- und der Hähnelstraße.

(Fortsetzung folgt nächste Woche – Story will continue next week)

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© Dieter Kermas

Image: ‘Lewis and Clark on the Lower Columbia’, Gemälde aus dem Jahr 1905 von Charles Marion Russell———————————————————————————————————————––

Mauerspecht - März 1990,©Dieter Kermas
Mauerspecht – März 1990,©Dieter Kermas

Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.

Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.

To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas” to: californiagermans@gmail.com

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Boldi der Netzgeist

December 28, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

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Boldi der Netzgeist

(Eine Kurzgeschichte von Dieter Kermas)
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Das Geschrei aus der oberen Etage war so durchdringend, dass die Mutter den Topf mit dem Abendessen auf eine kalte Herdstelle schob und die Treppe nach oben eilte.
»Was ist hier los, warum macht ihr so einen Lärm?«, fragte sie, als sie ins Kinderzimmer stürmte.
»Wir hatten abgemacht, dass jede von uns eine Stunde im Internet surfen darf«, beklagte sich Saline, die stets Weinerliche, wobei ihr einige salzige Tränchen über die Wangen kullerten. Jetzt sitzt Lavine schon fast zwei Stunden am Computer und lässt uns nicht ran«, mault Limone und zieht wie immer ein saures Gesicht. »Lavine«, wendet sich die Mutter an ihre vollschlanke, echt pommesfette Tochter, »was sagst Du dazu?«
»Das stimmt nicht, es waren nur ein paar Minuten länger und ich wollte doch nur noch meiner Freundin das Neueste über Paul mitteilen«, verteidigte sich die dicke Lavine.
»So, jetzt ist aber Schluss mit dem Geheule und dem Krach. Wenn ihr nicht sofort Ruhe gebt, werde ich den Computer für ein paar Tage einschließen«, drohte die Mutter.
»Bis zum Abendessen ist noch eine Stunde Zeit. Saline und Limone ihr habt noch je eine halbe Stunde Zeit, um euch mit euren Internetfreunden zu unterhalten.«
»Du meinst „chatten“, Mama«, wagt Lavine ihre Mutter zu korrigieren. »Werd nicht noch frech, das fehlt mir gerade noch«, schnaubt die Mutter erbost und eilt aus dem Zimmer.
Bis auf ihre Eigenarten, die sich in ihren Namen wiederfanden, verstanden sich die drei Schwestern sehr gut. Bei Streitigkeiten zwischen Saline und Limone war es Lavine, die in ihrer ausgeglichenen Art, zur Aussöhnung beitrug.
Kaum aber war die Mutter aus dem Zimmer, ging der Streit zwischen Saline und Limone los, wer nun an der Reihe wäre. Es dauerte nur wenige Minuten und der Streit eskalierte so in der Lautstärke, dass kurz darauf die genervte Mutter im Zimmer auftauchte.
»Ich habe es Euch vorhin gesagt«, begann sie,» wenn hier nicht Ruhe ist, kommt der Computer weggeschlossen«, sprach es, riss die Stecker aus dem Kasten und verschwand mit dem Gerät aus dem Zimmer. Einen Moment herrschte entsetztes Schweigen bei den Kindern. Dann begannen sie, sich gegenseitig die Schuld für den weggeschlossenen Computer zuzuschieben.

Am Abendbrottisch wunderte sich der von der Arbeit heimgekommene Vater über die gedrückte Stimmung. Als er den Grund erfuhr, fand er die Strafe, den Computer für eine Woche einzuschließen, etwas hart, beugte sich aber der Meinung seiner Frau.
Da am nächsten Tag das Wochenende begann, schlug der Vater vor, zu Oma und Opa in das Nachbardorf zu fahren. Seine Eltern hatten noch einen kleinen Bauernhof, den sie sogar noch selbst bewirtschafteten. Der Nachbar dort besaß Reitponys, auf denen die Kinder begeistert durch die Wiesen galoppierten. Saline und Lavine stimmten begeistert zu und vergaßen im Moment sogar ihren so heiß geliebten Computer. Limone hingegen zog die Mundwinkel nach unten und schien von dem Gedanken wenig begeistert zu sein.
Später sah sich die Familie noch eine Quizsendung im Fernsehen an. Nach einiger Zeit entschuldigte sich Limone mit den Worten: »Mir ist irgendwie nicht gut, ich habe Kopfschmerzen. Ich gehe lieber auf mein Zimmer«.
Als die Mutter besorgt fragte, ob sie ihr helfen könnte, wehrte Limone ab und meinte, so schlimm wäre es auch wieder nicht.
Spät am Abend ging die Mutter noch einmal nach oben, um nach der Tochter zu schauen.
Sie fühlte und hatte den Eindruck, dass Limones Kopf etwas zu warm war. Hoffentlich bist Du bis morgen wieder auf den Beinen, damit Du mit uns mitkommen kannst.
»Ach, das wäre auch nicht so schlimm«, entgegnete die Tochter, »ich bin mit meinen vierzehn Jahren alt genug, um mal ein Wochenende allein durchzuhalten«.
»Na, dann gute Besserung und eine gute Nacht. Schlaft gut, denn morgen müsst ihr früh raus«, wünschte sie den Kindern und ging zu Bett.

Am nächsten Morgen trat das ein, was Limone prophezeit hatte. Sie fühlte sich schlapp und wollte auch nicht frühstücken. Die Eltern überlegten, ob sie den Ausflug aus diesem Grund absagen sollten. »Nein, das dürft ihr auf keinen Fall machen«, protestierte Limone. »Ihr habt Euch alle so auf die Großeltern und die Ponys gefreut. Macht Euch keine Sorgen, ich halte bis Sonntagabend schon durch«, bekräftigte sie.
»Bist Du Dir auch ganz sicher, dass Du alleine bleiben willst?«, fragte der Vater.
»Absolut sicher. Fahrt schon los. Wenn es mir schlechter gehen sollte, dann rufe ich Euch sofort an. Dann könnt Ihr in etwas mehr als einer Stunde wieder bei mir sein«, beruhigte Limone die Eltern.
Nach einigen guten Ratschlägen, die ihr ihre Mutter noch mitgab, ging Limone auf ihr Zimmer und die Familie packte noch einige Sachen in den Kofferraum des Wagens.

Kaum jedoch waren die Eltern mit den Schwestern ins Auto gestiegen, eilte Limone flink und sichtlich putzmunter an das Fenster. Als sie sah, wie das Auto vom Hof in die Allee einbog und in der Ferne verschwand, rannte sie in das Wohnzimmer. Dort hatte die Mutter den Laptop eingeschlossen. Limone hatte gut aufgepasst und wusste, dass der Schlüssel in einer großen Sammeltasse im Küchenschrank aufbewahrt wurde.
Sie riss so hastig die Tasse aus dem Schrank, dass ihr diese beinahe aus der Hand gerutscht wäre. Sie nahm den Schlüssel heraus und stellte die Tasse mit leicht zitternder Hand zurück.
Dann ging alles sehr rasch. Der Computer war sekundenschnell angeschlossen und eingeschaltet. Limone starrte auf den Bildschirm. Nichts rührte sich. Die Kontrolllämpchen brannten vorschriftsmäßig, aber das war auch alles.
Nervös und hektisch tippte sie immer wieder auf die Entertaste. Wieder und wieder schaute sie auf den Monitor. Sie sah verschwommen ihr Gesicht, streckte ihm wütend die Zunge raus und rief »Bäh, du doofer Kasten. Mach hin, ich will chatten.«
Tipp, tipp, tipp machte der Finger auf der Taste. Sie schaute wieder angestrengt auf den Bildschirm, ob sich nicht doch etwas dort zeigte. Doch, da war etwas, jedenfalls etwas anderes als vor ein paar Sekunden. Sie meinte ihre Augen zu sehen, aber sie sahen so seltsam groß und schwarz aus. Meine sind doch blau, ging es ihr noch durch den Sinn, als eine Stimme leise, doch deutlich »hallo Limone«, rief.
Vor Schreck riss sie ihre Hände hoch, um nicht mehr die Tastatur zu berühren und schloss die Augen.
Dann wagte sie vorsichtig wieder auf den Bildschirm zu schauen. Sie erkannte noch etwas undeutlich ein rundes, blasses Gesicht mit großen schwarzen Augen.
»Wa…, wa… was willst Du von mir. Wer bist Du?«, stotterte sie erschrocken.
»Ha, das möchtest Du gerne wissen?«, flüsterte das Gesicht. »Nenn mich doch einfach „Boldi“, mir soll´s recht sein. Tja, was ich von Dir will, das ist schnell gesagt. Früher, vor vielen Hundert Jahren gab es Kobolde, die unartige Kinder mit bösen Streichen bestraften, sie erschreckten und dafür sorgten, dass sie sich im Wald verliefen. Das ist lange her und kaum ein Kind verläuft sich heute noch in einem Wald. Aus so einer Koboldfamilie stamme ich und musste mich notgedrungen der heutigen, modernen Zeit anpassen. Jedoch ist es immer noch meine Aufgabe, Kinder, die ihre Eltern belügen, bestehlen oder anderweitig unartig sind, zu bestrafen. Nun frage bitte nicht, warum ich heute zu Dir gekommen bin. Das weißt Du selber.«
Limone hatte atemlos zugehört und fragte angstvoll: »Was willst Du mit mir machen?«
»Höre gut zu, was ich Dir jetzt sage«, flüsterte das unheimliche Bildschirmgesicht.
»Zur Strafe, dass Du Deine Eltern mit Deinem Unwohlsein beschwindelt hast und den Laptop heimlich aus dem Schrank geholt hast, wirst Du für einige Zeit nicht mehr den PC benutzen können«, sprachs und verschwand vom Monitor.
»Halt, warte bitte. Wielange wird das dauern?«, rief Limone entsetzt, aber es war bereits zu spät. Das Gesicht blieb verschwunden.
Mit fliegenden Händen und mit einem plötzlich erwachten schlechten Gewissen beeilte sie sich, den Laptop wieder in den Schrank zu legen und den Schlüssel wieder zurück in die Tasse zu stecken.

Das Ereignis hatte Limone so aufgeregt, dass sie fühlte, wie sich alles vor ihren Augen zu drehen begann. Sie schaffte es gerade noch, sich auf das Sofa zu legen.
Ihr wurde immer wärmer, und als der Abend hereinbrach, war sie sicher, dass sie nun wirklich Fieber hatte. Nein, sie würde nicht die Eltern anrufen. Sie wären sicher so besorgt, dass sie ihren Wochenendausflug sofort abbrächen und zurückkämen.
Sie schleppte sich in die Küche, trank ein Glas Wasser und verkroch sich ins Bett.
Im Schlaf sah sie die schwarzen Augen dicht vor sich, hörte die mahnende Stimme und warf sich unruhig von einer Seite die andere. Im Halbschlaf fragte sie: »Wo finde ich Dich Netzgeist?« Er kicherte: »Ich wohne in den Servern, da ist es so schön warm«, dann verschwand er wieder.

Am nächsten Morgen, sie hatte bis elf Uhr geschlafen, war das Fieber zurückgegangen. Sie fühlte sich ausgeruht und, nachdem sie sich gewaschen und die Zähne geputzt hatte, machte sie sich in der Küche eine Schale Müsli mit Milch.
Mitten beim Kauen stoppte sie. Wie, das, habe ich alles nur geträumt, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie erinnerte sich genau noch daran, dass sie den Laptop angeschlossen hatte und dann … Was war dann passiert? Hatte wirklich ein „Geist“ mit ihr gesprochen und ihr Strafe angedroht? Nein, sie war sich absolut sicher, dass nur das Fieber daran schuld war. Dass der PC nicht funktionierte, das hatte sicher eine ganz einfache Erklärung. Wenn die Geschwister ihn wieder anschlössen, funktionierte er ganz gewiss wieder. Dieser Gedanke tröstete sie ungemein.
Die Zeit bis zur Rückkehr der Eltern verging rasch. Sie telefonierten mehrmals am Tag miteinander. Limone hatte sich mit Gartenarbeit, Lesen und Musikhören die Zeit vertrieben. Die gute Nachricht, die Limone von den Eltern hörte, war, dass der Vater die Mutter überzeugt hatte, den Computer bereits nach ihrer Rückkehr wieder herauszurücken.

Montag, nach der Schule, durfte Lavine den PC ins Kinderzimmer bringen. Die Mädchen setzten sich an den Tisch, um gespannt zu sehen, wer ihnen Mails geschrieben haben könnte. Lavine hatte zwei Mails von einem Jungen aus ihrer Klasse erhalten und Saline war außer sich vor Freude, als sie von ihrem neuen Freund zu einer Radtour eingeladen wurde. Dann setzte sich Limone vor den PC und wollte in ihrem Postfach nach Eingängen nachsehen. Kaum hatte sie die erste Taste berührt, als der Bildschirm erlosch.
»Was hast Du wieder gemacht«, rief erschrocken Saline aus. »Nichts, ihr habt doch gesehen, dass ich nur in mein Postfach schauen wollte«, verteidigte sich Limone. In diesem Augenblick durchzuckte sie die Erinnerung an den Netzgeist. Sollte es wirklich so gewesen sein, wie sie meinte, geträumt zu haben. Die Schwestern sahen wie Limone weiß wie ein Tischtuch wurde, und versicherten ihr, dass sie es doch nicht böse gemeint hätten. Limone stand auf, setzte sich schweigend auf einen Stuhl, der an der Schmalseite des Tisches stand. Kaum hatte Lavine die ersten Tasten gedrückt, als der Bildschirm wieder hell wurde und das gewünschte Bild zeigte. »Kannst Du bitte in meinem Postfach nachsehen, ob ich Nachrichten habe?«, bat Limone. »Kein Problem«, meinte Lavine und tippte sich in Limones Posteingang. »Ja, Du hast eine Mail. Willst Du wissen, was da geschrieben steht? Ich lese es Dir vor.« »Hallo Limone, noch ist es nicht an der Zeit für Dich. Du musst noch warten. Bis bald, Boldi.« »Was soll das heißen, wer ist Boldi? Hast Du einen neuen Freund?«, bestürmten die Schwestern Limone. »Äh, das kann ich Euch noch nicht sagen. Ich habe versprochen noch zu warten, bis ich es sagen darf«, versuchte sich Limone herauszureden. »Das ist gemein von Dir«, maulte Saline und es hätte nicht viel gefehlt, dass die ersten Tränen geflossen wären. »Na, wenn Du nicht willst, dann lass es bleiben«, ergänzte Lavine lächelnd und wandte sich wieder der Tastatur zu.

Limone verzog sich in die untere Etage, um weiteren Fragen aus dem Wege zu gehen.
Boldi, dachte sie. So also möchte er gerufen werden. Sicher ist das ein Name, der aus der vergangenen Koboldzeit stammt. Kobold, Boldi, das passt. Ich werde einige Tage warten, und wenn niemand zuschaut, werde ich versuchen, Boldi im PC zu finden.
Am Freitag fuhren die Eltern zum Wochenendeinkauf in die Stadt. Saline und Lavine fuhren mit, weil sie sich von ihrem Taschengeld etwas Flottes, vielleicht ein angesagtes T-Shirt, kaufen wollten.
Limone erkannte sofort die Gelegenheit sich mit dem Computer zu beschäftigen und erbot sich in der Zwischenzeit das Gemüsebeet vom Unkraut zu befreien und in der Küche das Frühstücksgeschirr abzuwaschen.
Diese Anwandlung von Fleiß erstaunte die Mutter. Sie freute sich darüber und versprach Limone etwas als Belohnung aus der Stadt mitzubringen.

Kaum war die Familie außer Sichtweite, als Limone in den Garten eilte, das Gemüsebeet vom Unkraut befreite und in der Küche in aller Eile das Geschirr abwusch. Noch völlig außer Puste lief sie nach oben, hockte sich an den Laptop und schaltete ihn an. Selbst nach einigen Minuten war kein Bild zu sehen. Der Monitor blieb schwarz.
Verzweifelt drückte Limone auf diese und jene Taste, doch ohne Erfolg. Entnervt schimpfte sie: »Du bist ein ganz bescheuerter Kasten und Du Boldi, bist auch nur eine Sinnestäuschung.«
»Da irrst Du Dich aber gewaltig«, tönte es leise, doch deutlich vernehmbar aus dem Lausprecher.
Wie von einem elektrischen Schlag getroffen, zuckte Limone zusammen. Dann erblickte sie auf dem Bildschirm die großen dunklen Augen in dem blassen Gesicht.
»Wielange willst Du mich noch quälen?«, entfuhr es Limone.                             »Ja, ich weiß. Ich habe Dich ein wenig zappeln lassen. Jetzt ist es an der Zeit, Dir ein wenig mehr über mich zu erzählen. Schau mir bitte in die Augen, damit ich sehen kann, ob Du mir auch gut zuhörst«, hörte sie Boldi flüstern. Limone rückte so nah wie möglich an das blasse Gesicht heran und schaute konzentriert in die unergründlich schwarzen Augen.
Boldi schwieg. Limone dachte noch, warum fängt er nicht endlich an zu erzählen, da sanken bereits ihre Augenlider herab und sie fiel in einen tiefen Schlaf, der eher einer Bewusstlosigkeit glich.
Als Limone nach einer Weile die Augen mühselig öffnete, erschrak sie. Dunkler Wald umgab sie. Die Bäume schienen bis in den Himmel zu reichen und als sie neben sich schaute, bemerkte sie, dass sie auf dicken Moospolstern lag. Farne, fast so hoch wie sie selber, versperrte die Sicht. Kein Laut war zu hören. »Hallo, wo bin ich, hört mich jemand?«, rief sie verzagt, doch der Wald verschluckte ihre Stimme wie Watte. »Nein, Du bist nicht allein«, ertönte eine Stimme hinter ihr. Sie hatte sofort die Stimme Boldis erkannt und drehte sich, fast schon erleichtert, um. So sehr sie auch in die Richtung schaute, aus der die Stimme gekommen war, konnte sie Boldi nicht entdecken.
»Hier bin ich, schau etwas tiefer«, befahl die Stimme. Dann, sie konnte es kaum fassen, sah sie Boldi in voller Lebensgröße. Obwohl sie noch kurz zuvor verängstigt die neue Umgebung gemustert hatte, brach sie nun in ein schallendes Gelächter aus. »Du bist also Boldi«, stellte sie amüsiert fest und schaute auf Boldi herab, der vor ihr stand. Aufgerichtet war er kaum so groß wie ein Dackel. Jetzt konnte sie ihn in aller Ruhe betrachten. Knorrig, wie die Wurzeln der umgebenden Bäume, ragten die Arme und Beine, dicht mit grünen Haaren bedeckt, die sehr den Moospolstern glichen, aus dem mageren, ebenfalls behaarten Körper. Sein Gesicht hingegen war glatt, bis auf einen kleinen Bart an seinem Kinn. Limone sah in die unergründlich schwarzen Augen und ihr Lachen blieb ihr im Hals stecken.

»Lach bitte nicht über mich. Wie Du siehst, reichte meine Macht aus, Dich hierherzubringen«, erinnerte Boldi Limone an ihre Lage.
»Wie soll es nun weiter gehen? Warum hast Du mich hierher gebracht?« verlangte Limone zu wissen. Sie setzte sich auf ein besonders dickes Moospolster und lehnte sich an einen Baumstamm.
»Nun, jetzt erzähle ich Dir die ganze Geschichte und Du wirst sofort alles verstehen«, begann der kleine Kobold und fuhr fort: »Vor vielen Hundert Jahren, lange bevor es die ersten Menschen auf der Erde gab, lebte unser Volk friedlich und zufrieden hoch im Norden. Wir lebten mit und von der Natur. Dann kamen die ersten Menschen. Sie rodeten unsere Wälder, töteten die Tiere, vergifteten die Luft und das Wasser. Unser Volk wurde immer kleiner und wir verkrochen uns in die letzten ödesten Bergregionen. Jetzt sind wir nur noch einige Dutzend. Es war abzusehen, dass es uns bald nicht mehr geben würde. Aus diesem Grund wurde eine große Versammlung einberufen. Nachdem der Älteste unsere Lage als fast hoffnungslos geschildert hatte, richtete er uns jedoch mit einer rettenden Idee wieder auf. Die Menschen verbringen viel Zeit an ihren Computern. Hier ist unsere Chance etwas für die Welt und selbstverständlich auch für uns zu verändern. Wie ihr wisst, haben wir die telepathische Fähigkeit in die Gedankenwelt der Menschen einzudringen. Von dort aus, und das haben wir bereits ausprobiert, ist es ein Leichtes in die Computer zu gelangen. Sie haben uns ganz einfach durch ihre Gedanken den Zugang zu den Computern geöffnet. So können wir mit ihnen Kontakt aufnehmen. Hier werden wir ansetzen und geeignete Personen heraussuchen, die uns helfen werden.«
Nach dieser langen Rede schwieg Boldi erschöpft.

»Und ich soll Euch nun helfen? Warum ich?«, fragte Limone erstaunt und zog ein Gesicht, als ob sie Essig getrunken hätte.
»Ja, wir hatten zuerst an deine Schwester Lavine gedacht, weil sie stets fröhlich, höflich und tierlieb ist. Dann aber schien sie uns nicht stark genug zu sein, diese Aufgabe zu bewältigen.« »Schönen Dank für die Ehre, aber ich denke nicht, dass ich Euch nützlich sein könnte«, wehrte sich Limone. »Zuerst, und damit Du siehst, dass wir eine gewisse Macht über Euch Menschen haben, verfüge ich, dass Du nie wieder so ein saures Gesicht machen wirst«, erwiderte Boldi voller Ernst, »und dann erhältst Du von mir die Fähigkeit, Dich in die Gedanken der Menschen hineinzubegeben. Deine Aufgabe wird sein, Dich mit aller Kraft für die Natur einzusetzen. Ich gebe Dir ein Beispiel: Ein Landwirt will sein Land für Erdölbohrungen freigeben. Die Folgen wären für die umliegenden Felder und Flüsse katastrophal. Du wirst Dich, wenn es mit den umliegenden Bauern zu Diskussionen kommt, unter die Menge mischen und mit Deinen Gedanken im Kopf des Landwirts ein Umdenken hervorrufen. Zum Schluss der Diskussion wird der Landwirt wie verwandelt sein und selbst erklären, den Plan aufzugeben.«

Limone hatte aufmerksam zugehört und fand die Idee, der Natur zu helfen, für wichtig und notwendig.
»Ich bin einverstanden. Vielleicht kann ich meinen Schulfreundinnen schon die Augen für einige Probleme mit der Natur öffnen«, meinte sie, und war sichtlich aufgeregt.
Boldi hatte lächelnd zugehört und war zufrieden mit Limone als neue Mitstreiterin.
»Wie bekomme ich Deine Anweisungen«, fragte Limone und Boldi antwortete grinsend: »Wir bleiben natürlich über Deinen Computer in Verbindung. Du musst nur absolut sicher sein, dass uns niemand überrascht, wenn wir uns unterhalten.«
Dann sah Boldi Limone mit den schwarzen Augen wieder so eindringlich an, dass es Limone schwindelig im Kopf wurde. Sie schloss die Augen und war augenblicklich eingeschlafen.

Am späten Nachmittag kam die Familie, mit vollen Einkaufstüten und vom anstrengenden Shopping restlos erschöpft nach Hause. Sie riefen nach Limone, doch sie antwortete nicht. »Vielleicht ist sie oben und versucht sich wieder am Laptop«, meinte Lavine und stampfte ins Obergeschoss. Dann rief sie oben vom Treppenabsatz: »Ja, wie ich mir gedacht habe. Sie liegt mit dem Kopf auf der Tischplatte vor dem PC und pennt tief und selig.« Nur mühsam, mit Schütteln und »Hey-wach auf Rufen«, gelang es der Schwester Limone aufzuwecken. »Na Du Schlafmütze, hast Du nach einer E-Mail von Deinem Boldi gesucht?«, neckte sie Lavine. Limone war noch sichtlich benommen, blickte verwundert um sich, streckte und reckte sich, gähnte ausgiebig und gab dann zu, dass sie leider vergeblich nach Boldis Nachricht geschaut hatte. »Hauptsache Du hast den PC nicht wieder abstürzen lassen«, griente Limone und verschwand nach unten.
»Das kann ich Dir versprechen. Das kommt nie wieder vor«, rief ihr Limone nach und lächelte geheimnisvoll.

Irgendwann fiel den Eltern und den Schwestern auf, dass Limone viel fröhlicher und aufmerksamer geworden war. Bei Gelegenheiten, an denen sie früher ihre saure Miene zur Schau getragen hatte, blieb sie gelassen und ausgeglichen. Sie erstaunte die Familie mit Berichten aus der Natur und wies auf die Gefahren hin, die selbst die Menschen betreffen würden. Als sie sechzehn Jahre war, marschierte sie bereits bei Umweltdemos mit und unterstütze Projekte, die sich mit dem Schutz der Natur befassten.
Ein wenig unheimlich kam der Familie dieser fast fanatische Eifer vor. Da sie jedoch erkannten, dass die von Limone verfolgten Ziele richtig und sicherlich auch notwendig waren, unterstützen sie ihre Tochter, wo es nur ging.

Limone freute sich bereits jedes Mal darauf, dem kleinen Boldi auf dem Bildschirm zu begegnen. Sie wuchs heran, studierte Biologie und hielt Vorträge. Sie war besonders daran interessiert, bei Tagungen als Rednerin eingeladen zu werden, wo Firmenvertreter Pläne vorstellten, die der Natur nur schadeten. Dann ließ sie ihren telepathischen Fähigkeiten freien Lauf und es gelang ihr oft, Zweifel bei den Vortragenden über den Sinn der Maßnahmen zu erzeugen. Sie freute sich dann ganz besonders, wenn sie Tage später aus der Zeitung erfuhr, dass das umweltschädigende Projekt vorerst nicht realisiert werden würde.
Dann dachte sie: Danke Boldi, das haben wir wieder gut gemacht!

© Dieter Kermas

Image: ©CaliforniaGermans

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Mauerspecht - März 1990,©Dieter Kermas
Mauerspecht – März 1990,©Dieter Kermas

Dieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. (You can find the stories here on CaliforniaGermans.com by putting “Dieter Kermas” into the Search Box.) Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans.

Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.

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Der Hochsitz

October 12, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

Hochsitz - Kermas

Der Hochsitz

( Eine Fabel von Dieter Kermas)
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Der Herbstwind fegte über das Getreidefeld, und die reifen Getreidehalme mussten sich vor ihm verneigen.
Plötzlich übertönte lautes Motorgeräusch den Wind und ließ die Tiere des Waldes erschreckt aufhorchen. Was hatte das zu bedeuten, überlegten sie. Sicher ist es nicht Gutes, wenn sich die Menschen dem Wald näherten. Der Eichelhäher war der Erste, der den kleinen Lastwagen erspähte und den anderen Tieren Bericht erstattete.
»Auf dem Wagen liegen Bretter, Balken und Fichtenstämme«, rief er den Tieren zu.

Aufgeregt stellten sie Vermutungen an, was das wohl zu bedeuten hätte.
Der Wagen hielt am Waldrand, da wo das Getreidefeld endete. Die Männer luden das Holz ab. Bald schallten das Kreischen einer Säge und die dumpfen Schläge von Äxten durch die Stille. Verwundert sahen sie, wie ein Turm entstand. Oben war ein kleines Häuschen und über eine Leiter konnte man das Häuschen erreichen. Der alte Hase hatte sein geliebtes Kleefeld verlassen und hatte sich zu den Tieren des Waldes gesellt.
Er hatte viele Sommer und Winter kommen und gehen sehen. Nun hoppelte er etwas steifbeinig nach vorne und begann zu berichten:
»Liebe Freunde, das nennt man einen Hochsitz. «
»Wozu ist der gut? « fragte ein Reh aus der hinteren Reihe.
»Der ist nur für den Jäger gut, aber für uns bedeutet das größte Gefahr«, fuhr der Hase fort. Bei dem Wort „Jäger“ liefen den Tieren eiskalte Schauder über die Rücken. »Wie jedes Jahr beginnt nun die Jagdzeit und wir müssen ständig um unser Leben bangen, « ließ sich die tiefe Stimme des mächtigen Platzhirsches vernehmen.
»Was können wir dagegen tun? «, fragte angstvoll ein junger Hase.
»Das weiß ich auch nicht, « entgegnete der Hasengreis, » aber wir müssen eine Lösung finden, ehe die ersten von uns erschossen werden. «

Die Tiere stimmten dem Vorschlag zu und beschlossen sich in drei Tagen wieder hier zu treffen, um über die Maßnahmen zu beraten.
So berieten sich die Hasenfamilien, die Rehe, die Wildschweine und die Hirsche drei Tage lang. Am dritten Tag jedoch, als sie sich wieder versammelt hatten, konnte keiner von ihnen einen brauchbaren Vorschlag vorweisen. Selbst der listige Fuchs hatte keine Idee. Mutlosigkeit breitete sich aus und einige Tiere begannen vor Angst laut zu jammern.
Erschreckt wichen einige Tiere zu Seite, als ein unbekanntes Tier sich durch ihre Reihen zwängte. »Das ist unser Freund, der Biber«, ließ sich der große Hirsch beruhigend vernehmen und stellte den neuen Gast vor.
»Viele von uns kennen dich nicht, weil du dich stets am und im Wasser aufhältst. Außerdem, verzeih lieber Freund, gehst du auch gerne alleine deiner Wege«.
»Da hast du ganz recht«, stimmte der Biber zu und lächelte, so dass alle seine großen, gelben Nagezähne sehen konnten.
»Was verschafft uns die Ehre deines Besuches, « wollte der alte Hase wissen.

»Die Elster hat mir von euren Sorgen berichtet, « begann der Biber und fuhr fort
» ich bin eurem großen Hirsch noch eine Gefälligkeit schuldig«, erklärte er. »Könnt ihr euch noch an das Hochwasser vor zwei Jahren erinnern? Damals war meine Behausung in größter Gefahr. Auf dem Fluss trieben Baumstämme, und wenn sie meine Biberburg getroffen hätten, wäre sie sicher zerstört worden. Mit Sicherheit wären dann auch meine kleinen Kinder jämmerlich ertrunken. Doch dann tauchte euer mächtiger Hirsch auf, stellte sich mutig in den reißenden Fluss und schob die treibenden Baumstämme an meiner Burg vorbei in die Flussmitte. Nun ist der Tag gekommen, wo ich mich für seine Hilfe bedanken kann. «
»Wie kannst du uns helfen, lieber Biber? «, wollte eine Wildschweinmutter wissen.
»Wartet nur ab, ich habe bereits einen Plan, als ich auf meinem Weg hierher den Hochsitz gesehen habe. Ihr könnt mir vertrauen, denn ich bin sicher, dass meine Idee euch helfen wird«, versprach der Biber. Mehr wollte er aber nicht verraten, und das entsprach auch seinem recht verschlossenen Wesen.
Voller Hoffnung verließen die Tiere die Versammlung.

Am nächsten Abend, als die Dämmerung sich über die Natur legte, schlich der Biber vorsichtig zum Hochsitz. Dann begann er so leise wie möglich an einem der vier Fichtenstämme, die den Hochsitz trugen, zu nagen. Er nagte ganz dicht über der Erde den Fichtenstamm soweit durch, dass er gerade noch das Gewicht des Hochsitzes tragen konnte. Genauso machte er es mit den drei anderen Stämmen.
Ab und zu unterbrach er seine Nagetätigkeit, weil seine Kaumuskeln zu schmerzen begannen. Doch er gab nicht auf, weil er den Tieren sein Wort gegeben hatte.
Nachdem er fertig war, bedeckte er die Holzspäne so gut es ging mit Laub und begab sich auf den Heimweg.

Einen Tag vorher hatte der Bauer sein Getreide eingebracht. Nun konnte sich kein Tier mehr im Kornfeld verstecken. Darauf hatte der Jäger nur gewartet.
In aller Frühe, so gegen fünf Uhr, begab er sich zum Hochsitz. Er wusste, dass um diese Zeit die Rehe aus dem Wald kamen und über das Stoppelfeld laufen liefen.
Er wartete und wartete, nichts regte sich. Was er nicht wissen konnte, der alte Hase hatte alle Tiere gewarnt, über das Feld und vor das Gewehr des Jäger zu laufen. Gut versteckt warteten sie, was nun weiter geschähe und wie der Biber sie retten wollte.
»Oh, seht doch«, rief der Eichelhäher aufgeregt und recht laut von der Spitze des Baumes, » da sind Rehe auf dem Feld! «
»Die sind sicher aus einem anderen Wald und wissen nicht von der Gefahr, die ihnen auf dem Feld droht, « vermutete der Hirsch voller Sorge. » Ich fliege hin, und werde sie warnen, « schlug der Eichelhäher vor. »Doch ehe er zu den Rehen fliegen konnte, geschahen mehrere Ereignisse auf einem Mal.
Ein Schuss dröhnte durch die Stille, der Aufschrei vieler Tierkehlen schallte durch den Wald und alle Rehe verschwanden blitzschnell vom Stoppelfeld. »Hurra, danebengeschossen! «, flüsterte die Wildschweinmama.
Im selben Moment, erst ganz leise, dann immer lauter hörten sie wie es im Holz des Hochsitzes zu knistern begann. Ganz langsam und dann immer schneller neigte sich der Hochsitz zu Seite und fiel krachend in die Büsche. Der entsetzte Schrei des Jägers begleitete den Fall. Durch den Rückschlag des Gewehres hatte der Turm einen solchen Ruck bekommen, dass die fast durchgenagten Stellen zu brechen begannen. « Das hat sich unser Freund, der Biber, aber sehr gut ausgedacht, « lobte der Hirsch ihren Retter voller Anerkennung.

Derweil war der Jägersmann aus den Trümmern seines Hochsitzes gekrochen, betastete seine Arme und Beine. Erleichtert stellte er fest, dass nichts gebrochen war. Dann besah er sich die durchgenagten Fichtenstämme, schüttelte ungläubig den Kopf, nahm sein Gewehr und verschwand leicht hinkend für immer.
Nun eilten die Tiere zum Biber, bedankten sich herzlich und wünschten ihm viele gesunde Jahre. Ganz besonders freute sich der Biber, als sie ihn einstimmig zum Ehrenwaldtier ernannten.

© Dieter Kermas

Photo ©CaliforniaGermans———————————————————————————————————————–

Dieter KermasDieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans. Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas” to: californiagermans@gmail.com
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Angekommen – Mein Erstes Du

October 5, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

2014Oct-Angekommen Story

Mein erstes Du

(Eine Kurzgeschichte von Dieter Kermas)
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An einem trüben, regnerischen Montagmorgen erschien mein Gruppenleiter kurz nach sieben Uhr in meinem Arbeitszimmer. So früh? Am Montag? Das sah nach Arbeit aus.
In knappen Worten teilte er mir mit, dass heute meine Teilnahme an einer kurzfristig angesetzten Besprechung im „Turn- und Sport-Klub“ gewünscht werde, und zwar um elf Uhr in der Bauleitung auf dem Sportgelände. Mit einem aufmunternden Lächeln fügte er hinzu: „Sie hatten ja mit den Kollegen von drüben bereits Kontakt“, und schloss die Tür hinter sich.

Damit meinte er die Mitarbeiter der ehemaligen DDR–Sportverwaltung. Bei den Gesprächen, die ich dort in den vergangenen Wochen über die Sanierung der völlig maroden technischen Anlagen geführt hatte, hatte immer eine fühlbare Spannung in der Luft gelegen. Es war eine Art Misstrauen, das ich zu verspüren glaubte. Alle duzten sich, während ich stets mit „Sie“ angesprochen wurde. Fast alle meine Fragen oder Vorschläge ließen eine für mich ungewohnte Pause entstehen, ehe eine Antwort kam. Ich hatte das ungute Gefühl, immer noch der Klassenfeind zu sein. Vielleicht hatten auch die Jahrzehnte in der DDR den Mut meiner Gesprächspartner zur spontanen Meinungsäußerung versiegen lassen.

Gegen zehn Uhr fuhr ich mit dem Auto über die ehemalige Grenzkontrollstelle in der Heinrich-Heine-Straße von West- nach Ostberlin. Es war kaum noch zu erkennen, wo sich die Mauer und die Abfertigungsstelle einst befunden hatten. Allein an den Häusern vor der Grenze und den Häusern danach sah ich den Unterschied zwischen Ost und West.
Der Besprechungsraum lag in der zweiten Etage der Technischen Abteilung. Im Flur stieg mir der durchdringende Geruch des DDR-Bodenpflegemittels in die Nase, der sich in allen öffentlichen Gebäuden wiederfand.

Wie immer war ich zu früh. Ich setzte mich und holte meine Unterlagen aus der Tasche. Kaum hatte ich die ersten Schriftstücke auf den Tisch gelegt, als sich die Tür öffnete. Der Raum füllte sich rasch, und ich schätzte, dass wir schließlich so an die zwanzig Personen waren. Zu meiner Rechten saß ein ergrauter Mann, der seiner Kleidung nach zum Personal des Maschinenhauses gehören konnte. Links von mir nahm eine junge Frau Platz. Drei TSC-Mitarbeiter setzten sich an das Kopfende des langen Tisches und begannen in Akten zu blättern.
Ich sah in die Runde, und mich beschlich erneut das Gefühl, hier ein Fremdkörper zu sein. Die Sitzung war noch nicht eröffnet, und so unterhielten sich die Teilnehmer leise und gedämpft.

„Bist du neu hier?“, hörte ich meine Nachbarin zur Linken fragen. Zuerst dachte ich, dass die Frage nicht mir gelte, doch sie sah eindeutig mich dabei an. Ich überlegte kurz, wie ich auf dieses sozialistische „Du“ reagieren sollte. Das eingefleischte kapitalistische „Sie“ war noch so präsent in mir, dass ich antwortete: „Ja, aber Sie können nicht wissen, dass ich ab heute hier die Bauleitung für die Senatsverwaltung für Jugend und Sport habe“, und ich stellte mich mit meinem Nachnamen vor. Sie schaute mich daraufhin fast erschrocken an, sodass ich lachen musste und eilig hinzufügte: „Ich bitte um Entschuldigung, ich vergaß die hiesigen Gepflogenheiten. Ich heiße Dieter und du?“

Wir lachten beide recht laut und erleichtert über diese Wendung, sodass uns strafende Blicke trafen. Das unbehagliche Gefühl, das mich vorher stets begleitet hatte, war schlagartig verschwunden.
Als ich nach der Besprechung zurück zum Ausgang ging, roch das Bodenpflegemittel nicht mehr so durchdringend, und die Gesichter der Mitarbeiter, die mir entgegenkamen, sahen freundlicher aus. Auf dem Hof durchbrach die Sonne die Regenwolken, und es schien mir, als wollte sie sagen: „Na, bist du endlich angekommen bei deinen Landsleuten aus den neuen Bundesländern?!“
Ich nickte ihr lächelnd zu.

 

© Dieter Kermas

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Dieter KermasDieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans. Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
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Die Pilzsuche

August 24, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

2014Aug - Pilze (wikimedia)

Die Pilzsuche

(Eine Kurzgeschichte von Dieter Kermas)
.

Der September begann mit mehreren Regentagen und mit recht warmen Temperaturen. Das war das Pilzwetter, auf das ich gewartet hatte. Ich vermeinte in meiner Vorfreude, die Pilze bereits zu riechen. Von unserem Haus in Berlin Hakenfelde bis zum Wald waren es nur ein paar Minuten zu Fuß.

Mit einem Körbchen für die Pilze und einem Küchenmesser ausgestattet, stand ich bald darauf im Wald und hielt Ausschau nach meiner Beute. Es dauerte länger als ich gehofft hatte, ehe ich die ersten Maronen einsammeln konnte. Doch dann füllte sich das Körbchen rasch. Da mich das Jagdfieber nun gepackt hatte, wollte ich unbedingt noch Birkenpilze oder Steinpilze finden.
So lief ich immer weiter, den Blick gierig auf den Boden gerichtet. An den Birken, wo ich früher Erfolg gehabt hatte, war heute nichts zu finden und von Steinpilzen ebenfalls keine Spur. An einer Schonung überlegte ich noch kurz umzukehren und mit meinem Ergebnis zufrieden zu sein. Nein, nur noch durch diese Schonung, deren Bäume sehr dicht und bereits recht hoch waren, entschied ich und bahnte mir einen Weg durch das Zweiggewirr.

Tief gebückt, und teilweise fast kriechend, zwängte ich mich durch das Dunkle der Kiefern. Keine essbaren Pilze zu sehen, nur Kremplinge. So entschloss ich mich, sobald ich die Schonung hinter mir hatte, mit meiner Ausbeute zufrieden zu sein und nach Hause zu gehen. Als ich aus der Schonung ins Freie trat, vernahm ich eine laute, barsche Stimme hoch über mir.
Spricht da Gott zu mir?, dachte ich.  Nein, es war nicht Gott, denn ich vernahm die Worte nun deutlicher : »Stehenbleiben! Sie befinden sich auf dem Boden der Deutschen Demokratischen Republik. Verlassen Sie auf der Stelle das Staatsgebiet!«
Ich schaute erschrocken nach oben und sah hinter dem Absperrzaun, einen hölzernen Wachturm der DDR und einen Grenzbewacher, der seine Kalaschnikow in den Händen hielt. Ich mit meinem Küchenmesser, er mit der Maschinenpistole, da diskutiere ich lieber nicht, entschied ich und kroch wortlos in meine Schonung zurück.
Ich ahnte zwar, dass die Grenze zur DDR im Spandauer Forst nicht allzu weit war, aber wie dicht, das wusste ich jetzt genau.

Einen Sommer später erinnerte ich mich an einige Stellen im Grunewald, wo ich früher sehr reichlich Pilze gefunden hatte. So fuhr ich zur Havelchaussee und pirschte mich durch den Wald, der licht und übersichtlich war. Hier war keine Grenze weit und breit und keine Gefahr, als Grenzverletzer versehentlich erschossen zu werden.

Die Ausbeute war nicht berauschend, aber so peu à peu fand sich Pilz um Pilz im Körbchen ein. Plötzlich rutschte mein linker Fuß in einen Hohlraum. Ich warf mich nach rechts, fiel auf den Hosenboden und dachte ich wäre in einen Fuchsbau getreten. Ich sah auf die Stelle, wo kurz zuvor mein Fuß ins Leere getreten war und … bekam fast einen Herzschlag, als ein schwarzes Gesicht mit Stahlhelm an dieser Stelle auftauchte. »Hey man, watch where you’re goin´ «, hörte ich die Worte des GI. Er schlug das Tarnnetz etwas zu Seite und grinste mich mit seinen schneeweißen Zähnen freundlich an. »Sorry«, entschuldigte ich mich und er wies mit einer Handbewegung in eine Richtung, in der ich wohl nicht in ein weiteres Schützenloch fallen würde.

Auf dem Weg zu meinem Wagen sah ich dann an den Wegkreuzungen US-Armeefahrzeuge. Die Übungen wurden zwar meist vorher angekündigt, aber ich hatte davon nichts mitbekommen.
Ich beruhigte mich damit, dass ich im Grunewald nicht erschossen werde, sondern mir höchsten ein Bein brechen könnte.

© Dieter Kermas

 

Photo Attribution: “Mushrooms ml”. Licensed under Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 via Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mushrooms_ml.jpg#mediaviewer/File:Mushrooms_ml.jpg———————————————————————————————————————–

Dieter KermasDieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans. Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
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Als ich im Gefängnis war

August 17, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

Gefaengnis Geschichte

Als ich im Gefängnis war

(Eine Kurzgeschichte von Dieter Kermas)
.

Für die Zeit bis zum Beginn des Studiums hatte ich mich als Praktikant bei einer Heizungsfirma verdingt. Ich hockte vor einem großen Zeichenbrett wie drei Zeichnerinnen, die hinter mir an der Fensterfront saßen. Unsere Aufgabe bestand darin, Montagezeichnungen anzufertigen. Das ist zwar eine leichte, aber auf die Dauer, recht eintönige Angelegenheit.

Hin und wieder hatte ich das Glück, im Außendienst eingesetzt zu werden. Auf den Baustellen durfte ich dann Aufmaße nehmen, die für die Zeichnungen benötigt wurden.

An einem heißen Augusttag, die Sonne blendete mit unangenehmer Helligkeit vom weißen Zeichenbrett in meine Augen, kam der erlösende Anruf aus dem Büro. »Morgen«, so ordnete mein Chef an, »ziehen Sie sich einen Blaumann an und fahren zur Strafanstalt Tegel.« Danach erläuterte er mir meine Aufgabe. »Die Unterlagen bringen Sie am Montag mit ins Büro«, schloss er seine Ausführungen.
Freitag, in aller Frühe, stand ich vor dem ehrwürdigen Eingangstor der Anstalt.
Nachdem man mich eingelassen hatte, führte mich ein Bediensteter in einen Umkleideraum. Ein kleiner Ausweis wurde mir in die Hand gedrückt und wies mich als Besucher aus. Meine Taschen wurden geleert und mit meiner Kleidung eingeschlossen. Danach erhielt ich Verhaltensmaßregeln wie: Lassen Sie sich nicht in längere Gespräche mit den Gefangenen ein, und wenn Sie gebeten werden, etwas mitzubringen, zum Beispiel Schmöker oder Alkohol, dann gehen Sie auf keinen Fall darauf ein. Danach sind Sie nämlich erpressbar, weil das verboten ist. Hier haben Sie noch das Schlüsselbund für die Flure.

Einige Insassen, die unserer Firma als Helfer zugeteilt waren, arbeiteten bereits, ebenfalls in blauer Montur, auf dem Hof.
Vor der Tür wartete ein für mich abgestellter Helfer und grinste mich an. Das Grinsen ging optisch komplett daneben, weil eine quer über das Gesicht verlaufende Narbe, das Gesicht fratzenhaft verzerrte. Ich begrüßte ihn und wir begaben uns zum leeren Zellentrakt, in dem die Heizungsleitungen erneuert werden sollten. Bevor wir losgingen, borgte ich mir von einem Monteur unserer Firma eine große Rohrzange. Wer weiß, ob ich sie vielleicht noch brauche, dachte ich mit einem Blick auf meinen Begleiter.

Der Flur und die Zellen machten einen beklemmenden Eindruck auf mich. Es war recht dunkel, es roch muffig und man sah dem Gemäuer seine fast einhundert Jahre deutlich an.  Ich fertigte meine Aufmaße und mein Helfer leuchtete mit der Taschenlampe. Bis auf kurze Anweisungen, die ich ihm gab, kam kein Gespräch auf. Ich vermied, dass er hinter mir stand und er setzte ab und zu sein entzückendes Grinsen auf. Als er etwas murmelte und kurz die Zelle verließ, dachte ich einen Augenblick daran, hinterherzulaufen. Würde er die Zellentür jetzt hinter sich zuwerfen und zuriegeln, dann hätte ich Schwierigkeiten mich bemerkbar zu machen. Doch er kam kurz danach zurück. Die Zwischentüren in den Gängen konnte ich mit den recht klobigen Buntbartschlüsseln aufschließen.

Nach einer Weile ließ sich ein Wächter sehen und fragte, wann ich fertig wäre. Als ich auf die letzte Zelle deutete, blieb er da, um mich anschließend aus diesem Trakt hinauszubegleiten. Die Schlüssel für die Außentüren des Gebäudes hatte nur er. Wir traten auf einen Hof hinaus, der einem Schrottplatz glich. Ich dankte meinem Helfer und er durfte gehen. Der Wärter erklärte mir, dass das der Kabelhof sei. Hier sah ich einige Zuchthäusler, das Wort hatte er selbst benutzt, beim Abisolieren von armdicken Elektrokabeln. Das Kupfer wurde von anderen Gefangenen abgeholt und in einem Schuppen verbracht. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf diesen oder jenen Insassen und erklärte mir gedämpft die Vergehen. So erfuhr ich, dass der ein paar Schritte weiter arbeitende Mann seine Frau und seine drei Kinder erschlagen hatte und dass der da hinten an der Mauer, der lange gesuchte Mörder sei, der seine Eltern mit Gas umbrachte. Danke, dachte ich, mir reicht´s. Dann zeigte mir mein Begleiter den Gang außen um das Gebäude herum, zwischen Gefängnisgebäude und Außenmauer. »Am Blechtor klopfen Sie und kommen dann wieder auf den Vorhof«, erklärte er mir und verschwand.

Ich trabte den langen Weg bis zum Blechtor und klopfte. Keine Reaktion von der anderen Seite. Ich klopfte erneut. Wieder nur Stille. Entschlossen trat ich heftig gegen die Blechtür. Es dröhnte und sieh da, eine kleine Luke öffnete sich in der Blechwand.  »Wat machste fürn Radau«, knurrte mich das Stück Gesicht an, das ich durch die Öffnung sehen konnte. »Ich will hier raus, ich habe Feierabend«, erklärte ich. »Raus wollnse alle, det is nischt Neues«, fuhr er fort.  »Ich bin von Firma ROM und bin mit der Arbeit fertig«, sagte ich und hoffte rausgelassen zu werden. Der Mann trat dichter an die kleine Öffnung, sah meine blaue, der Kleidung der für uns arbeitenden Gefangenen identisch aussehende Montur und fragte, aber jetzt etwas ruhiger »Dann zeigen Sie mir bitte ihren Besucherausweis.«

Das haben wir gleich, dachte ich und begann zu suchen. In den Brusttaschen, kein Ausweis, in der Hosentasche auch nicht. Wo habe ich nur diesen verdammten Ausweis, dachte ich. Der Mann hatte interessiert meiner Suche zugeschaut und als ich immer fahriger herumsuchte gemeint:» wenn Du den gefunden hast, dann kannste Dich wieder melden«, und schloss die Öffnung, ehe ich ihn bitten konnte, im Büro nachzufragen. Ich hatte doch tatsächlich den blöden Ausweis mit meinen Sachen einschließen lassen.
Hinter mir brandete ein vielstimmiges Gelächter auf. Einige Gefangene hatte die Diskussion aus den Fenstern gespannt verfolgt und kriegten sich nun vor Lachen nicht mehr ein. Ihre Kommentare drangen kaum noch in mein Gehirn, das nun leicht paralysiert einen Ausweg aus dieser Situation suchte.
Ja, da oben, der Wächter im Turm an der Mauerecke. Der konnte vielleicht die Verwaltung informieren, dachte ich hoffnungsvoll.
Ich eilte bis unter den Turm und rief, nein ich brüllte meinen Wunsch zu ihm nach oben. Er trat nahe an die schrägen Scheiben heran, musterte mich und kam zu dem Schluss, dass ich nur einer der Gefangenen sein konnte. Als er sich wegdrehte und aus meinem Gesichtsfeld verschwand, wurde mir leicht flau im Magen.

Zurück über den Kabelhof, ohne Bewacher, nein, das war keine gute Idee, zumal die Außentür vom Gebäude abgeschlossen war.
Also noch einmal zurück zu der Blechtür. Wieder heftig Radau gemacht. Die Klappe ging erneut auf und, ein Lichtblick, ein anderes Gesicht schaute durch die Öffnung. Ich zwang mich ganz ruhig zu sein und entspannt auszusehen und bat darum, in der Verwaltung nach meinem Ausweis zu schauen, den ich leider dort vergessen hatte. Er zögerte, nickte dann und verschwand.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ging das Tor auf. Dahinter warteten jetzt zwei Wärter. Sie kontrollierten meine Taschen, sahen sich meine Aufzeichnungen an und stellten noch ein paar Fragen zu meiner Person. Dann händigten sie mir den Besucherausweis aus. Ich konnte es nicht lassen, drehte mich zu meinen Zuschauern um, winkte ihnen lässig zu und trat in den Vorhof, in die Freiheit.
Ich habe mich noch nie so schnell umgezogen wie an diesem Tag. Nichts wie weg war mein Gedanke und jagte in meinem kleinen Kabinenroller wie gehetzt nach Hause.

Meine Mutter warf die Arbeitssachen umgehend in die Waschmaschine. Es dauerte nicht lange, als uns ein klapperndes Geräusch unruhig werden ließ. Wir schalteten das Gerät aus und öffneten vorsichtig die Tür. Etwas Wasser lief heraus und floss in den Bodenablauf. Plötzlich dämmerte es mir. »Das sind nur die Schlüssel für die Gefängnisgänge«, beruhigte ich meine Mutter. Im selben Moment ahnte ich das neue Problem. Die werden sicher bereits vermisst, dachte ich und suchte mir die Nummer von der Haftanstalt aus dem Telefonbuch heraus. Kaum hatte ich erklärt, warum ich anrief, wurde ich in einem äußerst barschen Ton aufgefordert, sofort die Schlüssel zurückzubringen. Andernfalls würden am nächsten Tag alle Schlösser in diesem Bereich auf meine Kosten erneuert. Es wären bereits erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angeordnet worden. Puh, das war heftig. Ich versprach, sofort zu kommen.
In Rekordzeit raste ich zur Strafanstalt, eilte ins Büro, hörte mir noch einige unfreundliche Takte an und war froh diesen Ort wieder verlassen zu dürfen.
Am Montag saß ich wieder am Zeichenbrett, fand die Arbeit wie immer etwas eintönig, aber absolut nervenschonend.

© Dieter Kermas

Photo: © CaliforniaGermans———————————————————————————————————————–

Dieter KermasDieter Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays which have been published here at CaliforniaGermans. Apart from his childhood memories he is also sharing some of his short stories and poems on CaliforniaGermans. Dieter Kermas, who loves to write, is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
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Der Einkauf

July 13, 2014 by Dieter Kermas Leave a Comment

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Der Einkauf

(Eine Kurzgeschichte von Dieter Kermas)
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Eine Mutter kauft mit ihrer kleinen Tochter Janine beim Discounter ein.
Als Janine vor dem Obstregal steht und sich Apfel für Apfel aus dem Karton nimmt, und jeden nach eingehender Betrachtung wieder zurückwirft, mahnt die Mutter:
„Wirf bitte die Äpfel nicht zurück, sondern lege sie wieder vorsichtig in den Karton, weil andere Käufer auch nicht gerne angestoßenes Obst haben wollen. Das gilt auch für das Gemüse.“ Das Mädchen nickt verständnisvoll.

Kurz darauf sieht die Kleine wie eine Kundin recht unsanft mit beiden Händen in den Tomaten herumwühlt, einige von den Stengeln abreißt, betrachtet und dann wieder zurück in die Ablage wirft.
„Mama hat gesagt, man soll Obst und Gemüse nicht so herumwerfen. Wir wollen keine zerquetschten Tomaten“, gibt sie ihr frische erworbenes Wissen an die Kundin weiter. Diese sieht kurz auf und sagt: „Das geht dich gar nichts an“, und wühlt weiter.

Ein älterer Mann, der neben dem Mädchen steht, redet plötzlich so laut, dass Janine zusammenzuckt, „Ja, warte mal, ich stehe vor den Tomaten und weiß nicht welche ich kaufen soll. Ja, alle sind rot, aber da gibt es Strauchtomaten, Rispentomaten, Cherrytomaten und noch so ´ne andere Sorte. Ist gut Mausi, dann nehme ich die, die im Angebot sind, “ und steckt das Handy wieder in die Jackentasche.

Ohne auf die anderen Kunden zu achten, rennt das Mädchen zurück zur Mutter, um ihr das Erlebte zu berichten. An der Ecke vom Konservenregal läuft sie direkt in eine junge Frau hinein, die beide Arme voll mit Waren hat. Ein Brot, eine Tüte Milch, vier Bananen und eine Packung Käse landen auf dem Boden.
„Kannst du nicht aufpassen wohin du rennst“, wird sie von der Frau angeschnauzt, die nun versucht die Ware aufzuheben, wobei ihr die unter dem Arm geklemmte Apfelsaftpackung auch noch herunterfällt.
„Das habe ich nicht gewollt“, entschuldigt sich die Kleine bei der Kundin.

Janines Mutter hatte die Szene mitbekommen und sagt:
„Weißt du, ich habe noch nie verstanden, warum manche Leute keinen Einkaufswagen nehmen, und sich lieber die Arme voller Ware laden, um dann manchmal die Hälfte davon wieder zu verlieren.“
„Darf ich mir Bonbons aussuchen“, bettelt das Mädchen, worauf die Mutter zustimmend nickt. Kurz darauf hört sie Janine laut „Uieh, ist das kalt“, rufen.
Sie läuft sofort zu dem Regal mit den Süßigkeiten und sieht wie ihre Tochter eine tropfende Packung Tiefkühlspinat in der Hand hält.

„Mama, das lag hier zwischen den Gummibärchen.“ Die Mutter nimmt das angetaute Spinatpäckchen und bringt es zu einer der Einsortiererinnen, die es wortlos in einen leeren Karton wirft.
„Warum lag das zwischen den Gummibärchen?“, will die Kleine wissen.
„Das kann ich dir auch nicht erklären, das kommt oft vor, die Leute sind heutzutage eben so.“
Nachdenklich sieht das Kind seine Mutter an und meint:
„Aber richtig ist das nicht, oder?“ „Nein, natürlich nicht, es liegt sicher daran, dass diese Menschen solch ein Verhalten als Kinder von ihren Eltern gesehen haben“, versucht die Mutter zu erklären. Die Kleine überlegt einen Moment und fragt dann weiter:
„ Aber wenn die dann Kinder haben, machen die das dann auch so?“
„Ja, leider“, bestätigt die Mutter resigniert.

Ehe sie an der Kasse angekommen sind, findet das Mädchen noch eine Leberwurst zwischen den Kindersocken und eine Packung Leberkäse im Brotregal. An der Kasse packen die beiden den Einkauf auf das Band und Janine streckt sich lang, um den Trennstab zu erreichen. Diesen legt sie ans Ende der gekauften Ware. Dann sieht sie, dass zwischen ihrem Einkauf und der Ware davor kein Stab liegt.
„Mama“, fragt sie, „soll ich dort auch einen Stab hinlegen?“
Die leicht genervte Mama antwortet:
„Nein, wenn da kein Stab liegt, dann kann die Kundin unsere Ware vielleicht mit bezahlen!“ Die letzten Worte hat die vor ihnen stehende Kundin gehört, dreht sich um und sagt unwirsch: „Soweit kommt das noch, legen sie doch einen Stab hin, wenn sie wollen.“

An der Kasse ist diese Kundin schneckenlangsam damit beschäftigt den gewünschten Betrag in Münzen aus dem Portemonnaie zu klauben. Das dauert und dauert. In der Warteschlange wird bereits gemurrt. Da werden Münzen herausgenommen, wieder zurückgelegt, und erneut auf den Tresen gelegt. Als es der Kassiererin nun ebenfalls zu lange dauert, bietet sie an, den Betrag selbst aus der Börse zu nehmen.
„Nein“, das möchte ich nicht, ich habe doch heute nur meine Brille vergessen“, wehrt die Kundin ab.
Eine Stimme aus der Warteschlange:
„Die kenne ich, das sagt sie jedes Mal!“

Nachdem der Zahlvorgang endlich abgeschlossen ist, sind sie an der Reihe und werden mit einem „Hallo“ von der Kassiererin begrüßt.
Nach dem Einkauf fragt die Tochter:
„Sag mal Mama, warum begrüßt uns die fremde Frau mit „hallo“, die tut ja so als ob sie uns schon lange kennt?“
„Das ist heute der Umgangston,“ antwortet die Mutter. Früher wurde man mit einem „Guten Tag“ begrüßt und mit einem „ Auf Wiedersehen“ verabschiedet.

Als beide im Auto sitzen, holt das Mädchen tief Luft und sagt: „Heute war das Einkaufen aber richtig spannend.“ Die Mutter nickt etwas zerstreut und meint:
„Darauf könnte ich gerne verzichten!“

© Dieter Kermas
 
Photo: ©CaliforniaGermans———————————————————————————————————————–
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