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Alltagsgeschichten oder Omen Einer Unheilvollen Zeit

Oberflaechenteerung_2

Essays by Dieter Kermas  –  (Part 5 )
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Ein geteerte Strasse Macht Ärger

Die Lusdorfer Straße, nach meiner Erinnerung hatte sie die Breite einer größeren Landstraße, gehörte noch zu dem Bereich, in dem ich mich herumtrieb. Eines Tages im Hochsommer roch es aus Richtung dieser Straße so merkwürdig, wie als ob etwas verbrannt wurde. Ich lief neugierig in diese Richtung. An einer Wegbiegung sah ich, wie Männer mit Eimern hin und her liefen, und eine dicke schwarze rauchende Flüssigkeit auf die Straße gossen. In der Nähe stand ein Lastkraftwagen mit einem großen Behälter darauf, aus dem dicke gelbe Qualmwolken aufstiegen. Von dort holten sich die Arbeiter ihre Eimer mit neuem heißen Teer.

Der Geruch war streng, aber für mich nicht unangenehm. So sah ich eine Weile zu, wie die schwarze Masse mit Holzkellen glatt gestrichen und mit Sand bestreut wurde. Um in Ruhe zusehen zu können, setzte ich mich auf der anderen Straßenseite auf den Straßenrand. Nachdem ich mich sattgesehen hatte, inzwischen war es Mittag geworden, wollte ich mich nach Hause trollen. Doch, was war das? Ich konnte kaum aufstehen, so fest klebte der in der Hitze weich gewordene Teer die neue Wollhose am Boden fest. Zu Hause angekommen gab es das befürchtete Donnerwetter und einen Katzenkopf, oder wie es bei uns hieß, eine Knallschote, von Mutter.

Indianerspiel

An der Lusdorfer Straße, etwas außerhalb, wohnte ein Verwandter von uns, den ich nur als Onkel Franz kannte. Ich habe ihn in wenig guter Erinnerung, und das kam so: Mit Oma machten wir eines Tages den ersten Besuch bei ihm. Warum auch immer, er kam plötzlich auf die Idee, mich mit einem Pferdegeschirr zu umwickeln, und meinte, das gehöre zum  Indianerspielen.   Nachdem er keine Anstalten machte, mich auf meine Bitte hin, wieder zu befreien, wurde mir langsam angst, und ich war nahe am Weinen. Er sah das, meinte noch, dass Jungen nicht weinen, und nahm mir dann aber meine Fesseln ab.

Er war wohl auch sonst ein merkwürdiger Kauz. Mutter erzählte später, dass sie einmal zum Essen eingeladen war. Es gab Fleisch, Kartoffeln und Gemüse.  Nach dem Essen fragte Franz Mutter ganz scheinheilig, wie ihr das Fleisch geschmeckt hätte. Mutter antwortete:  » Gut, aber was war das für Fleisch? « Darauf prustete Onkel Franz vor Lachen los und teilte Mutter mit, dass sie gerade den etwas betagten Hofhund verspeist hätte. Das entsprach auch der Wahrheit. Nachdem Mutter von der Toilette zurück war, verließ sie das Haus von Onkel Franz, um es nie wieder zu betreten.

Der Sperber

Ein Stück weiter auswärts, wohl in der Nähe der Sägemühle, befand sich auf der rechten Seite ein größerer Hof.  Bis dort dehnte ich meine Ausflüge aus, meist dann, wenn ich auf Schmetterlingsjagd war. Ich wollte gerade am Tor des Gehöfts vorbeigehen, als ich laute Stimmen hörte. Ich sah ein paar größere und kleinere Jungen unter dem großen Baum stehen, der den Mittelpunkt des Hofes bildete, und nach oben starren.

Ich kannte keinen von ihnen und so ging ich vorsichtig ein Stück näher, um zu erfahren, was da oben so sehenswertes war. Ich konnte nichts entdecken und fragte: » Was ist da oben? «   Ein größerer Junge rief mir zu: » A Stösser is af em Baam.«  Er meinte, dass ein Sperber auf dem Baum sei. Kaum hatte ich ihn ausgemacht, als bereits einer der größeren Jungen mit einem Gewehr zurückkam, und auf den Vogel schoss. Ein paar Federn trudelten zu Boden, trotzdem schaffte es der Sperber noch aus dem Baum zu fliegen, fiel aber dann hinter dem Haus zu Boden.

Mit Freudengeheul kamen kurz danach zwei von den größeren Jungen mit dem Sperber, den sie an einem Flügel hin und her schwenkten, angelaufen. Sie wurden von den kleineren Kameraden gebührend bewundert. Ich ging weiter, weil ich das alles nicht verstand, und mir das Tier leidtat.

(Fortsetzung der Serie am nächsten Sonntag)

Photo creditStaatsarchiv Basel – (Oberflächenteerung in Basel im Jahr 1915)

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Dieter  Kermas, CaliforniaGermans Guest Author and a true Berliner, turned to writing after he retired from his profession as an engineer. Family and friends urged him to document his many experiences during his childhood in wartime Germany. This made for a collection of various essays that stir up a potpourri of emotions. These are stories which won’t leave the reader untouched, they speak of the innocence of a child’s perception of a life during terrible war times, and they shed light on war crimes that were beyond the understanding of a then young child.  Dieter Kermas is writing poems, short stories and is currently working on his first novel. Some of his work has been included in anthologies.
 
To get in touch with Dieter Kermas, please send an email with subject line “Dieter Kermas”  to: californiagermans@gmail.com
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